WILEY CASH: A LAND MORE KIND THAN HOME

Ein Titel, den ich mir nur schwer merken kann. Ein Cover, das nicht für das Buch arbeitet. Ein Buch, das also nur bei mir landen kann, weil es mir empfohlen/geschenkt wurde. (DANKE, Sis!)

Achtziger Jahre, ein Kaff in den Südstaaten. Eine alte Lady ist von den Praktiken ihres Predigers (Schlangen, Feuer) so entsetzt, dass sie durchsetzt, dass an den Gottesdiensten keine Kinder mehr teilnehmen dürfen. Stattdessen kümmert sie sich um die Kids, während die Eltern die Kirche besuchen.

Ein Junge beobachtet mit seinem besten Freund heimlich einen Gottesdienst und stellt entsetzt fest, dass man seinen autistischen und stummen Bruder in einer Heilungszeremonie erretten möchte.

Ein Dorfpolizist wird hinzugezogen, als der Fall eskaliert.

Aus diesen drei Perspektiven wird die Gesichte erzählt. Wie es in einem kleinen Dorf ist, sind die Figuren und ihre eigenen Geschichten vernetzt und verwoben. Der kindliche Blick ist der analytischste, der Blick der alten Dame der zärtlichste, aber auch komplexeste – sie hadert mit der Kirche, aber nicht mit Gott. Der Sheriff blickt auf einen tragischen Vorfall in der Vergangenheit zurück, in dem der Großvater der Jungen eine tragende Rolle spielte.

Ein Buch, das man kaum aus der Hand legen kann. Ausführlich und detailliert werden Szenen aufgebaut und ausgespielt. Durch die Augen dreier Außenstehender, die mit dem Chaos konfrontiert werden; ein Unheil, das nicht nur an ihnen vorbeischrammen, sonder sie auch mitreißen wird.

Ich kann die halbärschigen Na-ja-geht-so-Rezensionen (für die deutsche Ausgabe) nicht nachvollziehen. Hier haben mal wieder Lesemädchen zugeschlagen, die vom Cover auf die falsche Spur geführt wurden. Möglicherweise hat die deutsche Übersetzung damit zu tun – wie kann man den Südstaatenslang der alten Dame auch übersetzen? Sprachlich, sowohl was die Charakteristika der Erzählfiguren, als auch ihr Vokabular angeht, ist der Roman ebenso überzeugend wie im Spannungsaufbau. Die Katastrophe wird nicht einfach berichtet, sondern der Nährboden für die Tat durch Dutzende in der Vergangenheit liegende Episoden untermauert. Wieder ein neuer amerikanischer Roman, der die heutige Wahrnehmung (Multiplizität durch Berichterstattung auf diversen Ebenen und in unterschiedlichen Medien) formell illustriert. Eine Geschichte ist nicht immer nur der Vorfall an sich, sondern alle Komponenten, die zu ihm beisteuern. Grandios in Form und Inhalt und darüber hinaus ein Pageturner – ich musste gestern sogar auf dem See lesen, wer mich kennt, weiß, was das bedeutet. Ganz elegant übrigens, wird religiöser Wahn am Beispiel einer christlichen, amerikanischen Gemeinde dargestellt. Man braucht nicht immer den Islam, um zu zeigen, zu was Glauben mächtig ist.

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