Sorry, very very sorry. Sorry ist der Dick auch. Und ein wenig wütend, vor allem, darüber dass er die große Beichte einen Monat nach Veröffentlichung findet und ganz offensichtlich nicht zu den Freunden und der Familie zählte, der sich Herr André bereits anvertraut hatte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war „Atti“ nämlich angeblich gerade in „London, beim Proben für die neue Show“. Wahrscheinlich hat er sich stattdessen in der Wohnung eingeschlossen, um Herrn Dick nicht zufällig über den Weg zu laufen.
Über anderthalb Jahre hat André Websites gebaut, die seine Geschichte a) erzählen und b) die Fakten der Geschichten in Querverweisen belegen. Er hat Filme erfunden, die mittlerweile in Movie-Datenbanken als “unreleased“ oder “ohne Release-Date“ geführt werden, als habe es sie wirklich gegeben. Sogar das American Film Institute hat nach einer Kopie von “Deed Poll“ angefagt (mittlerweile hat er ihn gedreht). Er hat Filmkritiken mit derselben Verve verfasst wie Interviews mit sich selbst und/oder mit Orlando Bloom. Gegen ihn ist die Eve Harrington in “All about Eve“ ein fantasieloses Waisenkind.
Tragisch, dass das Konzept dieses Hoax eigentlich genial ist. Zum Zeitpunkt des Geschehens wäre sie Spiegel-tauglich gewesen. Andrés schriftstellerische Fähigkeiten stehen seinem Web-Konstrukt in ihrer Vielschichtigkeit in nichts nach, der Junge hatte Talent. Tragisch ist allerdings auch, dass er das Konstrukt nicht als Hoax konzipiert hat, sondern als Alternativrealität, von der er sich bis heute nicht trennen kann, die er immer noch braucht, um “jemand“ zu sein. Noch immer existieren Sites, die er ins Netz gestellt hat, noch immer diskutiert er bei imdb.com und in anderen Foren unter verschiedenen Namen mit sich selbst, noch immer versucht er sich “wichtig zu machen“ und auf eine ganz bizarre Art und Weise ist es ihm sogar gelungen.
Zur Aussprache ist es übrigens nie gekommen. Der Dick fuhr sofort nach der Lektüre des Geständnisses zur Andréschen Residenz, doch ward ihm die Tür nicht aufgetan. Der Dick hatte nämlich am Abend einen Termin mit dem Quatsch Comedy Club und begehrte nun zu wissen, wie man mit den gefälschten Credits umzugehen gedachte. So blieb nur die bewährte Email-Kommunikation, mit der ich Euch an dieser Stelle verschone – mehr dramatische Beteuerung in obigem Stil, nur diesmal in deutscher Sprache.
Der Auftritt im QQC fand trotz gefälschter Vita statt und wurde zum Flop.
Der Dick ist mit der buddhistischen Lehre vertraut und hatte sich längst von dem ungesunden Kontakt gelöst, eine Lehre daraus gezogen und überlegte nun, wie und ob man angemessen auf so eine Mail reagieren könnte. „Please remove me from your mailing list“ schoss es ihm durch den Kopf. Doch dann entschied er sich, auf eine Antwort gänzlich zu verzichten. Kennen Sie den Ausdruck „Von jemandem nichts wissen wollen“? Pretty much sums it up. Doch wie die Abbildungen von Hautkrankheiten in medizinischen Büchern übt die Erinnerung an diese Geschichte eine perverse Faszination aus – manchmal klappt man das Buch an den schlimmen Stellen wieder auf, schlägt es zu und rennt aus dem Zimmer. E ruft ein gänzlich negativ besetztes Staunen hervor, von dem man sich nur mit einem kräftigen Lachen erholen kann.
Und für solche Fälle gibt es ja die message in a bottle, die heutzutage eine message in a blog ist. Raus damit ins Meer des Webspace, wo alles seinen Anfang nahm, als Herr Glamour eines Nachts im Frühsommer 2003 mal wieder mit dem Schwanz gedacht hatte.
Nicht dass Ihr denkt, da wäre noch ein Restherz, das Herr Dick nicht zurückbekommen hätte – nope. Sein Herz ist längst (bzw. unlängst) anderweitig unterwegs. Diese Geschichte, Bloggerinnen und Blogger, war strictly for your entertainment, a blast from the past. Und wenn wir alle imdb.com Glauben schenken können (aber können wir das noch?), dann seht ihr André demnächst neben, zwischen oder in Sharon Stone in „Basic Instinct 2“.
„The trouble with André
is he´s a liar“
(Shakespear´s Sister)