HOCHMUT BESTÜRZT oder DIE SPHINX OHNE GEHEIMNIS

Er: „Ich will mich nicht öffnen, ich will meine Geheimnisse behalten.“
Ich: „Tut mir Leid, wenn ich das vor meinem Hintergund nicht nachvollziehen kann. Bei mir geht´s gerade darum, endlich ehrlich zu sein. Mit mir und den anderen. Das andere hat mich krank gemacht. Und ich finde es verletzend, wenn mir kein Vertrauen entgegengebracht wird. Ich dachte wir seien Freunde.“
Er: „Wir kennen uns gerade mal erst ein Jahr!“
Ich: (Bestürzte Pause. Der Mann, der mich noch nicht lange genug kennt, um mich als Freund zu bezeichnen, wohnt seit zwei Monaten in meiner Wohnung. Vielleicht vertraue ich wirklich zu früh…)
Ich: „Für mich ist die Basis jeder Beziehung Vertrauen. Wie willst Du Menschen näher kommen, wenn Du nicht offen mit ihnen bist?“
Er: „Vertrauen gibt´s an jeder Ecke. Verschlossenheit ist mir wichtig.“
Ich: „Meinst Du nicht, dass es schwierig ist, mit so einer Einstellung einen Partner zu finden?“
Er: „Ich will nicht jemandem alles erzählen. Ich will jemanden, der mich ohne Worte versteht.“
Ich: (An dieser Stelle bräuchte ich so ein Emoticon oder wie die Dinger heißen. Ein Smilie, das aufgerissene Augen und hochstehende Haare hat und eine Familienähnlichkeit mit dem Wesen in Munchs „Schrei“ aufweist.)
Er: „Ich will keinen Partner, ich will einen Komplizen. Ich führe ein Doppelleben und darauf bin ich stolz.“

Und damit war eigentlich alles gesagt. Dass ein Mensch, der im Internet Aspekte seines Leben veröffentlicht und einer, der selbst seinen Geburtsnamen verheimlichen möchte, nicht wirklich kompatibeln liegt auf der Hand. Und dass ich diesen Dialog öffentlich mache, das ist eine große, üble Indiskretion. Aber so bin ich – ich quatsche alles aus. Und daran wird sich nichts ändern. Schließlich gibt es ein grundgesetzlich verankertes Recht auf öffentliche Bestürzungsäußerung.

Im Januar wird hier ein Zimmer frei.

16 Gedanken zu „HOCHMUT BESTÜRZT oder DIE SPHINX OHNE GEHEIMNIS

  1. timanfaya

    “ … ich will jemanden, der mich ohne Worte versteht.“
    eigentlich ein nicht ganz untypischer frauensatz.

    [wobei man dazu sagen muß, daß frauen zwar durchaus so denken, ihn aber natürlich nicht aussprechen. sonst wäre er ja in sich nicht logisch]

    Antworten
  2. glamourdick

    REPLY:
    könnte aber auch ein überbleibsel aus der generation der männlichen heterroristen sein, deren gattin servil-debil das papa-paradies bereitete. mit puschen vorm bett und aufgeschlagener zeitung auf dem frühstückstisch. aber auch ein mann in dieser konstellation würde den satz kaum äußern. müsste er ja auch nicht. liefe ja eh alles schon prima.

    Antworten
  3. schroeder

    REPLY:
    Witzig… meine bisherigen Lebenserfahrungen würden mich nicht zu dem Schluss bringen – eher zum Gegenteiligen. Männer, die behaupten, man müsse nicht alles zerreden, man solle sich auch ohne Worte verstehen können… auf diesem Gebiet würde aber nicht einmal so ein begeisterter Klischee-Verbreiter wie ich sich festlegen wollen, was typisch [Hetero-]Frau, was typisch [Hetero-]Mann sei… oder doch: Aussprache suchen ist eher weiblich! So! Sind ja auch die besseren Menschen, die Frauen *hrhr*

    Antworten
  4. RunningCouchPotatoe

    eigentlich kaum zu glauben, das es einen solchen Menschen gibt, aber er scheint ja zu existieren…eine arme Person, die ich aufrichtig bedaure, wird sie nie jemanden finden, dem sie vertrauen kann…ja, ein sehr einsamer Mensch…sei froh, das du ihn los bist.

    Antworten
  5. schroeder

    REPLY:
    Klar, in der Regel hat man die schlechteren Karten, die schwächeren oder komplett fehlenden Argumente, wenn man sich einer Aussprache nicht stellen mag. Zustimmung!

    Trotzdem gibt es noch die andere Seite. Dass manches sich tatsächlich auch zerreden lässt. Aber das lässt sich wahrscheinlich auch [fast] immer auf eine gestörte Kommunikation im Vorfeld zurückführen.

    Antworten
  6. glamourdick

    REPLY:
    it´s never nice losing a friend. oder zu erfahren, dass man selbst offenbar kein guter freund war.
    erinnert mich an den boyfriend (mit dem ich zweimal zusammen war, ganz taylor/burton-like), der einen tag vor meinem geburtstag am dinner-table meine beste freundin aufklärte „i really really like glam, but i´m not in love with him.“ das hat mich auch etwas unangenehm überrascht. bin ich also als single ins nächste lebensjahr gegangen.

    Antworten
  7. glamourdick

    REPLY:
    verschiedenheit von meinung halte ich grundsätzlich für unproblematisch. live and let live. zerreden ist auch nicht so mein ding. aber es muss erlaubt sein, stimmungen zu thematisieren und kommunikativ abhilfe zu schaffe, wenn´s irgendwo quietscht. zweckdienliche kommunikation, die not wendend. aber in obiger konstellation kam jede hilfe zu spät. der dialog war eigentlich nur der diagnostische abgesang darauf, was eigentlich schief gelaufen war.

    Antworten
  8. mcwinkel

    Und jetzt raus mit der Sprache: Wie heisst der Typ mit Familiennamen? 🙂

    „Ich will jemanden, der mich auch ohne Worte versteht“ – geht nicht!
    Funktioniert nicht.
    Sagen tun sie´s alle, aber am Ende kackt die Ente!

    Antworten
  9. glamourdick

    REPLY:
    sie sehen mich zwar nicht aber sie sehen mich erröten! und das schöne icon wandert aber sowas von zügig in meine galerie! (bei dem neuen layout habe ich leider kein erkennungspic mehr, sonst würde ich doch glatt die schnieke akimba dort einbauen! many thanks, mr. schroe!

    Antworten
  10. bittersweet choc

    „vertrauen gibts an jeder ecke“: den satz muss ich mir merken! ich werden mal die ecken überprüfen!

    wieso hast du was gewonnen? und wobei? ich finde auf der stelle bei schroe nichts dergleichen! ich will auch!

    Antworten
  11. glamourdick

    REPLY:
    wenn du mehr solche sätze brauchst – mein noch-mitbewohner sucht ein neues zuhause. (und ich einen neuen untermieter, mein verschleiß liegt bei einem mittelwert von 6 monaten, wobei ich auch schon erfolgreich über jahre co-habitiert habe, aber das kann man nicht in die statistik einfließen lassen, weil der mitbewohner gewissermaßen matrose war. um nicht zu sagen singnutte. also sehr viel unterwegs.)

    schroe lässt doch immer rätseln, wer die akimba ist. und da habe ich offenbar gepunktet.

    Antworten
  12. glamourdick

    REPLY:
    meine eltern wollten mich eigentlich ursprünglich nicht glamour nennen sondern dorian. aber das schien ihnen dann zu neckisch. dorian dick – wie hört sich das auch an? bei aller liebe, die sie für onkel oscar hatten.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert