Secrets and Lies, Guilt and Shame

Dieses Wetter nagt an mir. Es ist Ende Juni und wir waren noch kein einziges Mal auf dem See. In der Wohnung sind es 16°. Der See ist so ein essentieller Bestandteil des Berliner Sommers – wenn man mir den wegnimmt, dann stirbt etwas in mir. Einziger Trost ist meine Terrasse, die noch nie so schön beplanzt war wie dieses Jahr und auf der es sich unterm Dach der Hollywoodschaukel und mit Sonnenschirm auch im Nieselregen gut aushalten lässt.

Es liegen noch ein paar unbetrachtete Serien neben dem Fernseher, aber meine Aufmerksamkeitsspanne ist gerade auf standby. Ich kann mich auf Carthage konzentrieren, aber danach fällt es mir schwer, mich auf andere Erlebniswelten einzulassen. Passend also das Treffen mit dem Serben, mit dem man die kulturellen Auswirkungen von Kriegsverbrechen erörtern kann (die ein großes Thema in Oates´ Roman sind).
„Wie war denn der Serbe?“ fragt die N.
„Na ja. Serbe halt.“
Und das meine ich nicht despektierlich, aber ich konstatiere eine Trockenheit und Abgeklärtheit, die anders ist als die Abgeklärtheit andere 20somethings weltweit. Charaktere, die aus Bitterkeit, Resignation und dem Wunsch nach Rebellion geformt wurden. Denen nach Aufbruch und Ausbruch ist; wenn sie Glück haben, gelingt er ihnen. Manchen gelingt eine Abspaltung des Erlebten oder jüngst tradierten. But. You can take the boy out of Serbia… (Das ist kein privates Vorurteil, aber mein individuelles Urteil.) Kulturen, in denen Geheimhaltung, Lüge und Diffamierung bis vor historisch Kurzem zum Überleben gehörten – ich kann mir das anhören, ich kann versuchen, es zu verstehen, aber ich weiß, wie schwer es ist, eine gemeinsame Ebene zu finden und habe zu oft im Umfeld erlebt, dass diese Ebene nur ein wackliges Konstrukt ist.

Ich könnte jetzt noch weiter schreiben zum Thema posttraumatische Stress-Syndrome bei Kriegsheimkehrern, aber Sie könne auch einfach das Buch der Oates lesen – treffender werden Sie den mindset des Wiederkehrers nicht beschrieben bekommen. Und das betrifft nicht nur die „Kriegshelden“ im Irak, sondern jeden Soldaten, der von Kampfhandlungen zurückkehrt und wieder ein Leben aufnimmt, in dem Mord, Folter, Schändung, Gruppenzwang, Testosteronkoller, Autoritätshörigkeit, Nationalstolz und Vergewaltigung keine erwähnenswerte Rolle mehr spielen. Jene Details jedes Krieges also, über die man im Nachhinein kein Wort mehr verliert. Oder was hat Ihr Großvater so vom Krieg erzählt?

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