Den ganzen Samstag latent schlechte Laune, da immer noch kein Seewetter. Kristina Söderbaums Autobiographie macht auch nicht gerade schöne Stimmung. Man kann nicht sagen, ist es Dummheit, Ignoranz oder Dreistigkeit – eine Mischung aus all dem – während der Weltkrieg tobt, Millionen vernichtet werden – Frau Söderbaum-Harlan schreibt über ihr Fluchtköfferchen, in dem sich Leckereien aus aller Herren Länder, Seife und feine Seide befinden. Hat sie von Gussy Jannings bekommen. Und das sich Lilian Harvey für einen Film extraschnell Französisch beigebracht hat – „sonst hätte man die Rolle einer Französin geben müssen“. Über einen Film, in dem man Marlene hatte besetzen wollen – aber die sei den Produzenten zu gewöhnlich gewesen… All die kulturpolitischen Dinner-Catfights, die sie mit Goebbels gehabt haben will, wo sie treffsicher die Pointen gesetzt und immer das letzte Wort gehabt hat. Nichts bleibt immer so heißt das suppendumme Machwerk; ich hätte es genannt Kristina Söderbaums Verblendung.
Den Sonntag rettet ein Glas Crémant in der Sonne, gefolgt vom Besuch der Amerikanischen Nachbarin und Lana-Banana. Eigentlich muss sie Steuer machen, ich schlage vor, das kann man ja auch in der Sonne, und so füllt die Nachbarin neben mir in der Hollywood-Schaukel Bewirtungsquittungen aus und ich lese in einem Buch, in dem es schon wieder um Krieg geht. Labfordshire Lana ist ganz verliebt in uns und liegt nach dem Verzehr ihres Begrüßungsknochen glückselig in der Sonne.
(Hier war die Sonne bereits weitergezogen.)
Am Abend treffe ich Ex-Roomie, den C. und beider Freundin F. am L.Platz. Nachdem wir mit dem Thema Amerika und die Homo-Ehe durch sind, diskutieren wir die politische Korrektheit bei Mittzwanzigern. Mir fällt der Transgender ein, der mir von Vorstellungsgesprächen mit Zimmerbewerbern für seine WG berichtete. Die Bewerber mussten pro-transgender sein, versteht sich, desweiteren mussten sie dem Verbot von sex-, gender- und überhaupt jedwedem shaming zustimmen.
„Sex-shaming?!
„Na, wie wenn ich mit nem Finger auf den Typen zeige, der aus Deinem Schlafzimmer kommt und sowas sage wie Boahr, Resteficken oder was?“
„Aber dann hat man ja gar nix mehr zu lachen.“
„Yo.“
Während wir reden wird nebenan der Trödelladen entrümpelt. Vor der Tür stehen Sachen zum Mitnehmen. Ungefähr eine Stunde lang steht ein Paar vor einem Küchenschrank, dessen Tür immer wieder selbständig aufgeht. Sie betrachten, betasten, besprechen den Schrank. Vorderansicht, Seite, Rücken. Sie tun eigentlich alles, außer ihn anzulecken, zu exorzieren oder Gegenstände in etwaige Öffnungen einzuführen. Kurz achten wir einmal nicht auf sie.
„Hey! Sie sind weg!“
„Der Schrank ist noch da!“
„Wo sind sie hin?“
„Narnia?“