Während ich auf den Pannendienst warte sitze ich im Görli auf einer schattigen Bank und lese. Eines dieser Bücher wo man sich vorher fragt „Will ich jetzt wirklich eine Geschichte lesen, in der es darum geht dass sich eine Frau nach 23 Jahren Ehe von ihrem Mann trennt, um eine Frau zu heiraten?“ Es ist so schade, dass Inhaltsangaben, vor allem je kürzer sie sind, einem Buch, in diesem Falle We are Water von Wally Lamb, keineswegs gerecht werden können. Bei Wally Lamb aber kann man sich darauf verlassen, dass er jede Geschichte so bravourös gestaltet und auskleidet, dass der rote Faden einfach nur das ist. Wie gewohnt webt er, strickt er, dabei ständig das Material wechselnd, die Perspektive ändernd und die Versatzteile unputtdownably schaltend. Es entsteht ein Familienportrait, ein Amerikanisches Gemälde. Ohne sich je dem Kitsch auch nur anzunähern erwischt er den Leser und führt ihn durch seine komplette Gefühlswelt.
Der Pannendienst diagnostiziert nicht das erwartete Marder-Kabel-Frühstück, sondern eine verstorbene Batterie. Die ersten Hundert Euro des Tages weg. Es soll nicht bei einem Hunderter bleiben, als Nächstes Weinkauf. Die schlechte Nachricht, der neue Hauswein ist fast doppelt so teuer wie der alte. Die Gute: der Laden liefert. Auch die Lebensmittel werden dieses Jahr geliefert – nicht aus Faulheit, sondern weil nicht abzusehen war, wie lange ich ohne funktionstüchtiges Auto bin.
Nachmittag in der Hollywoodschaukel mit den letzten Seiten We are Water. Tears shimmer like mirrors in summer. Tränen, Salz, wie auch Meerwasser. Und am Abend dann Mommy von Dolan – so brillant wie erwartet, große Liebe für ADHS-Steve. Und auch wenn der Trailer den Eindruck vermittelt, man habe jetzt den ganzen Film gesehen? Nö.