Nachdem mir dieses Jahr die Bücher am Besten gefallen, in denen häufig die Erzählperspektive wechselt und sich die Geschichte erst in der Summierung der Perspektiven erklärt, mit dem Strike auf dem Boot darüber sinniert, welche Rolle diese Konstruktion in der Literaturwissenschaft wohl spielt. Wir sind ja schon ne Weile raus aus dem Club. Die Technik ähnelt dem Schnitt im Spielfilm. Denken Sie an Magnolia oder Playing by Heart oder auch leichtere Unterhaltung wie Love, actually oder die schrecklichen Feiertagsfilme, die davon inspiriert sind.
Diese Technik spiegelt meines Erachtens den multiplen Blick, mit dem wir seit Internet Realität wahrnehmen und hinterfragen. Wir suchen bei Google, checken bei Wikipedia, suchen Presse-Artikel zum Thema und forschen dann in Blogs vertiefend. Wir sortieren dann diese Facetten zu einem runden Ganzen, das aber ganz individuell ist – auf der Basis unserer persönlichen Recherchen. So fragmentiert, wie wir wahrnehmen, werden jetzt Geschichten konstruiert. Die klassische Drei-Akter-Konstruktion gibt es parallel, aber sie wirkt im Vergleich etwas altbacken. Ich mag es, wie Jennifer Egan oder Jeff Walters den Fluss des Erlebens schreibend wiedergeben. Das Goon Squad ist das literarische Äquivalent zu einem Road Movie – es geht voran, schreitet vor, blendet zurück. Beautiful Ruins schneidet zwei Zeitebenen für größtmöglichen Effekt. A Land more kind ist literarische oral history: dokumentarisch geschaltete Perspektiven zum gleichen Thema. Es ist sehr befriedigend, dass Literatur nicht stagniert, sondern es tatsächlich Innovationen gibt. Wer auch immer den Pulitzer-Entscheid trifft – im Falles des Goon Squad hat man dies erkannt und gewürdigt.
GLAM, MA ANGLISTIK, a.D.
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