JESS WALTER: „BEAUTIFUL RUINS“

BeautRu

1962. Ein verlorenes Kaff an einer italienischen Felsenküste. Pasquale, der Betreiber des einzigen Hotels, träumt von Jet-Set und den Kennedys als Gästen und bemüht sich sogar, den vielleicht kleinsten Sandstrand der Welt zu kultivieren. Eines Tages bringt ein Fischerboot Glanz auf die Insel – die todgeweihte amerikanische Filmschauspielerin Dee Moray, frisch vom Taylor/Burton-Cleopatra-Set in Rom.

So beginnt der Roman Beautiful Ruins von Jess Walter und wechselt sofort und rasant die (Zeit-)Ebene. Hollywood, jetzt so. Claire, die Assistentin des legendären, aber etwas abgewetzten Produzenten Michael Deane, bereitet sich auf den Pitch-Friday vor, an dem sie das Vergnügen hat, Filmprojekte vorgestellt zu bekommen, von allen, die jemals eine Karte von Deane zugesteckt bekommen haben – der Sohn von der Cousine des Poolboys usw.

Shane, ein in dem Glauben aufgewachsener Filmer, man könne alles erreichen, wenn man an sich glaubt, steht der Tag seines Lebens bevor – er will seinen Melo-Western „Donner!“ pitchen – die dramatische Geschichte der West-Coast-Siedler, die in Hunger und Kannibalismus endet. Es ist vielleicht seine letzte, sicher jedoch einzige Chance. Als er eine halbe Stunde zu spät vor Deanes Büro erscheint, steht dort jedoch ein alter Italiener, der eine Karte Deanes vorweisen kann, die etwas abgewetzt wirkt und aus Zeiten des Cleopatra-Drehs zu stammen scheint.

Den gestrigen Sonntag verbrachte ich nur physisch auf dem Balkon. Die meiste Zeit bewegte ich mich zwischen Porto Vergogna (Hafen der Schande) und Hollywood, Rom und dem Wilden Westen, im Frankreich zum Ausgang des Zweiten Weltkriegs, beim Edinburgh Fringe Festival und in Seattle. Jess Walters zeichnet eine Geschichte, die 50 Jahre überbrückt, vernetzt und zusammenführt. Es ist zugleich die Lebensgeschichte einer handvoll Protagonisten, die so ökonomisch skizziert wird, dass es eine Freude ist. Es ist einer dieser Romane, in denen man sich ärgert, wenn die Erzählperspektive wechselt, weil man wissen will, wie es weiter geht, und wo man dann stattdessen mit einer weiteren feingeschliffenen Facette belohnt wird, und die Summe dieser Facetten setzt sich zusammen wie die Kristalle eines prächtigen, schimmernden, gewaltigen Lüsters, in denen sich das Licht tausendfach bricht wie das Sonnenlicht auf dem Wasser der Bucht, in der die Geschichte ihren Anfang hat. Begeisterung, liebe Leserin, lieber Leser, ist gar kein Ausdruck! Der Sommerroman 2013!!

2 Gedanken zu „JESS WALTER: „BEAUTIFUL RUINS“

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