BOSOMS + BUDDIES – DES SCHULMÄDCHENREPORTS ZWEITER TEIL

Nach zwei Dates in der Dunkelheit war es Zeit, JBJ mal bei Tageslicht zu treffen, denn es war Sommer und da gibt es mehr Stunden mit Licht als ohne. Mein damaliges Betätigungsfeld war im Theaterbereich und zu meinen liebsten Verabredungsorten gehörte ein kleines Theater mit einem schicken Biergarten davor, in dem ich selbst einmal tätig gewesen war, dem Theater, nicht dem Biergarten, ich bin gastronomisch eine Null. Dort hatte ich viele Freunde und Bekannte und eitel wie ich bin, – ich meine wenn man schon einen Rockstar-Lover hat – lud ich ihn, mich dort zu treffen, damit die Bekannten mal diskret einen Blick werfen konnten. Während schick gekleidete Berliner den Biergarten und das damals recht kultige Theater betraten, hielt Frau BittersweetChoc, deren Hafen damals noch in Neukoelln lag (aber fast auf Höhe Kreuzberg) mein klammes Händchen und war schon furchtbar neugierig auf meine neueste Errungenschaft. Man kann ihm viel vorwerfen, aber eines nicht. Er war pünktlich. Betrat blond leuchtend mit seinem Umwerf-Lächeln die Szenerie, schlang mich in eine feste Umarmung und raunzte mir „Na Kleeener, allet im Lack?!“ zu.
Ich hatte erreicht was ich wollte. ALLE sahen ihn. Die festlich Gekleideten und die sommerlich Schicken. Die Mitarbeiter, Kollegen, Freunde und Feinde und alles was sonst so tummelte und taumelte. Und JBJ hatte einiges zu zeigen. Er trug eine Kombi, wie man sie sonst nur von Ringern kennt. Eine Art Spandexglanzkörperradlerhose in hellblaumetallic. Mit Trägern, die nur kanpp die Brustwarzen bedeckten und sich wie Klebestreifen über seinen gewölbten Steroidtitten stretchten, was das Zeug hielt. Stellen sie sich einfach vor, Sie wären an einem Aerobic-Workout-Video-Set, ca 1982, allerdings nicht á la Jane Fonda, sonder eher Falcon Video. Jon Porn Jovis Bubble-Butt verursachte den Herzinfarkt einer älteren Dame, die sich Karten für Max Raabe abholen wollte. Antiquitätengeschäftsbesitzern aus der Mommsentraße tropfte der Speichel aus dem Mundwinkel. Frau Choc bewahrte eine kühle Mine, doch sah ich es hinter ihren stoische Zügen brodeln. Ein falsches Wort und sie würde vor Lachen explodieren.
„Wollnwa hier bleiben oder soll ich Dir mal zeijen wo ick so hinjeh?“
„Och gehn wa“ säuselte ich zurück, als er schon, von meinem Händchen am blitzblauen Trägerchen gepackt, hinter mir herflog. Leider ohne dass ich Glegeneheit gehabt hätte, mit Choc das Kommando „Fake-Notruf“ abzuklären.

In einer dieser Straßen wie der Knesebeck befanden sich seinerzeit Cafés und Bars, die von Herren betrieben wurden, die aus ihren Zeiten als Damenimitator emsig jeden Pfennig auf die hohe Kante gelegt hatten. Die Ausstattung ihrer Lokale war aus den Hinterlassenschaften blinder Bewunderer zusammengestellt. Ihre Mitarbeiter bekamen nicht einmal Freigetränke, sondern mussten sich von den Gästen (über die ich hier nicht berichte, das würde den Rahmen sprengen) einladen lassen mussten. In solch einen Schuppen zerrte mich Jon B.J. Hinter der Bar eine schnippische Ex-Transe, jetzt Schnauzerträger mit Herrendauerwelle, Goldkettchen und Siegelring, eine Ernte 23 im Zigarettenhalter im Schultheiß-Aschenbecher vor sich hin schwelend. Mich stiefmütterlch musternd.
„Na – wat haste denn da an Land jezoren, Schatzi?“
Das mumiengleiche Gesicht berührt das meines, ähem, ja, Lovers muss man wohl sagen, mit spitzen Lippen. Eine Reihe von Demütigungen, wie sie nur 40 Jahre Travestie mit sich bringen kann setzte gegen mich ein, doch JBJ mangelte es an geistiger Geschwindigkeit, die nicht so feinen Hiebe als solche zu erkennen. Er fühlte sich wohl, während er mich ausstellte und dem Geier zum Fraß vorwarf. Es waren vielleicht 7 Minuten vergangen, da merkte ich, dass ich flüchten musste. Und begriff endlich, was für ein Segen so ein Mobiltelefon war!“
„Ich geh grad mal aufs Klo.“
Und packte auf dem Weg dahin das Telefon aus, drückte die Kurzwahl von Choc und schon ging die Klotür hinter mir auf und J.B. musste auch grad mal. Ich ließ das Handy verschwinden und näherte mich der Verzweiflung. Ich wollte mich nicht in mein tristes Schicksal fügen. Aber es half nichts. Ich setzte mich wieder an die Bar, wo die Ex-Transe mit dem Bodybuilder scherzte, schaute trarig auf die Straße und sah — einen vertrauten Polo! Frau Choc bog um die Ecke. Ich sprang auf, rannte auf die Straße, ruderte mit den Armen, ja! gott sei Dank! – sie sah mich, kurbelte die Scheibe herunter.
„Pass auf – es ist ein Notfall, irgendwas Schlimmes ist passiert und Du brauchst sofort meine dringende Unterstützung.“
Sie nickte, lächelte ein Emma-Peel-Lächeln, ich hüpfte in den schlimmen Schuppen, schnappte meine Tasche, gab JBJ meinen letzten Kuss, berichtete von tragischen Geschehnissen, wehte in Frau Chocs Polo „Schmeiß die Tür nicht so – das ist kein Panzer“ und erleichtert und noch etwas schleudertraumatisiert verließen wir den Stadtteil, die untergehenden Sonne im Rücken.

It ain´t over till it´s over. Last installment in Kürze.

26 Gedanken zu „BOSOMS + BUDDIES – DES SCHULMÄDCHENREPORTS ZWEITER TEIL

  1. pringle

    das lauthalse lachen blieb mir gerade im hals stecken, weil mich die geschichte an das abenteuer mit meinem blonden rockstar erinnert (der allerdings james hetfield ähnelt, jbj is zwar ok, aber doch etwas weibisch – aus heutiger sicht, früher bevölkerten natürlich beide meine pubertären träume). trotz prolligster äußerungen war ich auch außerstande, die geschichte zu beenden. was so ein traumkörper doch alles ausmacht. manchmal ist man einfach ein armseliges, geiles tier. da hilft kein spandex.

    Antworten
  2. glamourdick

    REPLY:
    ach, ich weiß, ich hätte mehr auf textilien eingehen müssen, aber der schock über das metallicspandec sitzt so tief, dass er die erinnerung ans eigene und das outfit der choc vollständig ausblendete.

    Antworten
  3. bittersweet choc

    very charming, darling: thank you for the „emma peel“ lächeln :))) heute bin ich ganz passend wieder emma peel, ich habe mir nämlich gerade die haare so schön gefönt wie patsy stone sie damals als emma peel trug (glaubst du, ich komme jetzt auf den richtigen namen von patsy, joanna lumley? oh god, it is too early to think straight). ich muss jetzt los – schreibe später noch mehr hier rein. da muss noch einiges kommentiert werden! love.g.

    Antworten
  4. pringle

    REPLY:
    oh, dann gibt’s noch einen unterschied zwischen meinem und deinem (von wegen minipimmel;)). der konnte seinen körper hervorragend einsetzen. mir läuft jetzt noch das wasser (IM MUND!) zusammen beim gedanken daran… zusammenfassend gibt es also solche und solche, aber nichts ist so sexy wie intelligenz und humor. scheisse.

    Antworten
  5. glamourdick

    REPLY:
    mit „frisch solo im polo“ hatte ich einen beinahe hit zu zeiten der neuen deutschen welleals ich noch gllllllAaeAAÄm hieß. aber weil das niemand schreiben konnte kam ich nicht in die charts und landete viel später bei einem server, der sich mit „w“ schreibt, was man jedem interessierten zukünftigen blogleser 3mal erklären muss, bis er´s rafft.

    Antworten
  6. kittykoma

    gott sei dank habe ich noch keinen kaffee gekocht. der würde jetzt an meinem bildschirm runterlaufen. selten so gelacht! blaues spandexhöschen! mumifizierte damenimitatoren!

    Antworten
  7. timanfaya

    REPLY:
    der unaussprechliche wurde heute nicht erwähnt. es sind oft die einfachen dinge, die einem den tag retten können …

    p.s.: ich stelle mir beim lesen immer diesen typen vor. besonders haltbar ist meine stoische mimik dabei auch nicht gerade.

    Antworten
  8. bittersweet choc

    mein lieber glam, das waren wirklich hervorragende zeiten, die du hier wieder ans tageslicht holst 🙂

    ja, der liebe polo, ich sehe mich mit ihm über das nasse kopfsteinpflaster der knese (die hat doch kopfstein, oder?) rutschen. der autogott habe ihn seelig, nach 13 jahren ist das auto von mir gegangen.

    und „… das ist kein panzer!“ kriegen die leute noch heute um die ohren, wenn sie dem zierlichen lupo das türchen in die seite rammen. ich versteh die viele gewalt gegen meinen rettungswagen nicht!

    Antworten
  9. spango

    REPLY:
    das habe ich missverständlich ausgedrückt: war eigentlich als kompliment gemeint. gewisse typen werden viel schneller über accessoires erkannt. ernte+co. fand ich sehr überzeugend.

    Antworten
  10. glamourdick

    REPLY:
    5 minuten mimik-anstrengung täglich sorgen für straffe haut und festes bindegewebe. der abwasch macht sich von allein und die schuhe funkeln wie ein diamant mit den mariechen um die wette.

    Antworten
  11. glamourdick

    REPLY:
    da unten hat(te?*) sie das noch, die alte knese die. an den panzer-spruch denke ich fast täglich, wenn ich die lieblingskollegin absetze und muss innerlich grinsen.

    *tiomon, du siehst – wir grenzen das gebiet ein!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert