Um 3 aufgewacht mit Heißhunger. Gefrühfrühstückt, vier Folgen „Modern Family“, dann wieder geschlafen. Eigentlich habe ich heute eine Art Date, ein netter Mensch mit unglaublich gutem Humor will Fußreflexzonenmassage an mir üben. Dazu müsste ich aber durch die ganze Stadt, und ich weiß nicht, und dazu sehe ich mich heute nicht imstande. Die Trauer rockt immer wieder rein ins Alltägliche. Gespräch mit meiner Mum, Tränen. Die Bürokratie, die in einem Todesfall anfällt, ist wunderbar – sie hält einen beschäftigt, aber dann ist plötzlich Sonntag und man sitzt allein am Frühstückstisch. Ich bin das ja gewohnt, sie nicht. In den vergangenen Wochen hat sich mein Geschmackssinn vertausendfacht. Ich trinke ein Ginger Ale, einen Saft, esse den selbst zubereiteten, zur Perfektion gereiften Kartoffelkloß mit Rotkohl und Sauce und es ist überwältigend. Wir hatten dieses eine Mittagessen, wenige Tage nach dem Tod meines Vaters, und haben uns ungläubig angeschaut, wie froh wir über das Essen waren, und wie sehr es uns schmeckte.
Der Tod ist ja mal das logischste aller Ereignisse, neben der Geburt und der Steuer. So eine empirische Anleitung zum Umgang damit gibt es nicht, und wenn, dann greift sie nicht auf das individuelle Erleben. Und er ist nicht nur ein Satzzeichen, ein Punkt oder Semikolon für die Lebenden, er ist ein Schachtelsatz, der zum Motiv wird.
„Du hast ja ein schönes Cap!“ Sagt die Lieblingsbuchhändlerin. (Das, das mein Patenkind aus New York für ihn mitgebracht hat, Aufschrift Brooklyn.)
„Ist von meinem Papa.“
Und zur Bestattung trug ich seine schwarze Schurwollkrawatte, original Sixties, und wenn es kalt war, die Gucci-Mütze, die ich ihm mal vor Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte.