HARZWALDMÄDEL, DIE ERSTE

Ein Mädchen kenne ich – das kenn ich, zumindest vom Sehen, schon länger als dass ich es nicht kannte. Wir gingen nämlich zur selben Schule. Damals, als es nur fünf TV-Sender und die DDR noch gab. Sie war einen halben Tag älter als ich und war also entsprechend in einer höheren Klasse. Richtig kennengelernt habe ich sie erst Ende der 80er, Anfang der 90er, als wir beide in Berlin-Neukoelln hausten. Wir befreundeten uns im Anschluss an ein Cricket-Match in der beschissenen Stadt Braunschweig und sie nahm mich in ihrem Polo mit zurück nach Berlin. Sie war damals ganz wütend, weil ihr Freunde (der Blödmann) sie verlassen hatte. Ihre Wut verursachte ihr enorme Power. Ihre Arme waren ständig in Bewegung, was zu starken Scheppergeräuschen führte, da diese Arme, ähnlich den Stretch-Hälsen von Massaifrauen, mit Goldringen und Bändern beladen waren.
Dieses Mädchen stand mir in allen Lebens und Erlebenslagen bei. So gut wie sie das tat, konnte ich das nie. Irgendwann war es so, dass man sagen kann, dass sie meine beste Freundin war. Ich war es, der sie aus der Klinik nach ihrem Nose-Job abholen durfte. Mit ihr konnte ich ungefähr ein Dutzend Mal „Interview with the Vampire“ im Kino genießen und Leute beschimpfen, die dazwischen quatschten oder sich zu räuspern wagten.
Und dann, nachdem das Schicksal ihr eine ziemliche Höllentournee abverlangt hatte, verließ sie Berlin und ging nach Hamburg. Das war schlimm, aber zeitgleich lernte ich meinen damaligen Mann kennen, und so glaubte ich, das Schicksal schickt mir einen Ausgleich. Aber Gabi ist nach wie vor die beste Freundin, der Mann längst weg, sein Hund verstorben. Gabi und ich sehen uns selten, aber emotional wissen wir, glaube ich, immer, wo der andere ist. Wenn wir uns die Wahrheit sagen, erschrecken wir einander nicht. Gabi ist schön, klug, eloquent, humorvoll, energisch, durchtrainiert und tierlieb. Außerdem hat sie es geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören. Und heute um 15.00 sollten wir ihr alle die Daumen drücken, denn dann hat sie ein Vorstellungsgespräch. Choc – toi toi toi! I love you.

19 Gedanken zu „HARZWALDMÄDEL, DIE ERSTE

  1. bittersweet choc

    einen halben tag älter als du? und ein nosejob? hups? wer kann das sein?

    ich wollte die geschichte doch bei mir posten unter der rubrik „die männer in meinem leben“ mit bildern aus der damaligen zeit (muss ich alles noch scannen: ich in knappen jeansshorts mit quietschblonden 80er jahre haaren in der passauer strasse – mir ist nichts peinlich!).

    bitte auch morgen um 10 die daumendrücken. da habe ich den nächsten vorstellungstermin.

    i love you more!

    Antworten
  2. glamourdick

    REPLY:
    @choc
    ich habe noch schöne pics mit der neuen nase (als sie abgeheilt war). vor rotem samt. and there are plenty of stories still to tell, baby – we could start a 90ies blog…

    Antworten
  3. glamourdick

    REPLY:
    @all
    pleaes take notice: das mit dem nose job war lediglich eine metapher. choc hat eine schöne nase, früher wie heute, und auch noch alle ihre zähne. und ist noch nie in einen orchestergraben gestürzt.

    Antworten
  4. Flieg wie ein Igel

    mit der beschissenen Stadt Braunschweig nimmste mal schön wieder zurück! Sonst sehe ich mich gezwungen, sachlich zu werden! Das willste doch wohl nicht riskieren, oder?

    gez.
    Einer, der es gut mit Dir meint.

    (geb. in Braunschweig)

    Antworten
  5. glamourdick

    REPLY:
    na aber ich kann doch jetzt nicht einfach behaupten, dass ich mit choc in HANNOVER cricket gespielt habe…
    ich verifiziere: „in der damals beschissenen stadt braunschweig“.

    Antworten
  6. saoirse

    so, jetzt hab ich ein geschlagenes akademisches viertel lang daumen gedrückt und muss weiterarbeiten. wenn ich nur wüsste, was ich mal werden will wenn ich groß bin (d.h. wenn im januar meine stelle ausläuft) würde ich euch auch alle um’s daumendrücken bitten.
    hat die bittersüße eigentlich ihr merkel-t-shirt getragen beim vorstellungsgespräch?

    Antworten
  7. Flieg wie ein Igel

    Wo in Braunschweig fand denn besagtes Cricket-Match statt? Möglweis lag es am Platz, an einem verlorenen Spiel, am Frust, dass heute GANZ BRAUNSCHWEIG öffentlich, ja sogar im INTERNET so runtergemacht wird!

    Antworten
  8. bittersweet choc

    REPLY:
    @all
    richtigstellung: ich war zwar zum zeitpunkt des kennenlernens in bs, habe aber kein cricket gespielt. das war nach dem spiel. war das nicht ein lesböses spielchen seinerzeit, glam?

    @glam
    thank you for giving me back all my lost teeth 😉

    @britt
    das sehe ich genauso! das war ein gruppenbewerbungsgespräch. ich die einzige frau. so was finde ich prima. dann habe ich wenigsten einen USP!

    Antworten
  9. glamourdick

    REPLY:
    @choc
    ich hab auch nicht so richtig mitgespielt. hab mich eher am rand aufgehalten. da war niemand dabei, den ich beeindrucken wollte, irgendwie. außerdem schien es mir verlockender, mich auf die rückfahrt in die hauptstadt zu freuen und zu rauchen.
    aber lesbös war das keinesfalls. oder war ich damals noch präoperativ?

    Antworten
  10. burnston

    Danke für die Story. Gabi hat eine kleine Hommage verdient. Und einen Job auch, deshalb wird mein Daumendrücken wohl gar nicht mehr nötig sein. Ich machs natürlich trotzdem!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu saoirse Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert