FATHER AND SON

Die Eltern angerufen. Der Vater nimmt ab. Die Mutter ist mit Freundinnen einen trinken. Ich erwarte ein 15sekündiges Gespräch, das mit dem Satz endet „Deine Mutter ruft Dich dann zurück“, was sie nicht tun wird, weil er vergessen haben wird, ihr auszurichten, dass ich angerufen habe.
„Und was machst Du dann heute noch alleine?“
„Ich schau mir eine DVD an.“
Wie das? Er hat bislang nicht einmal den VHS bedienen können. Und er schaut kaum noch Fernsehen, weil ihm alles zu brutal und hektisch ist. Außerdem hört er schwer und traut sich nicht, das zuzugeben. Er ist zu rücksichtsvoll, um den Fernseher auf eine Lautstärke einzustellen, die es ihm möglich machen würde, der Handlung zu folgen. Und dann wieder verärgert darüber, dass er diese Rücksicht nimmt.
„Dein Schwager hat mir die Fernbedienung erklärt.“
Was ich selbst auch schon Dutzende von Malen versucht habe. Mein Vater ist noch ungeduldiger als ich. Vielleicht sogar unduldsamer.
„Letztens haben wir uns „Giganten“ angeschaut.“
Ich hatte meiner Mutter die James Dean Collection zu Weihnachten geschenkt.
„Mal sehen, vielleicht schau ich heute „Jenseits von Eden“. Kennst Du die Neubauer? Die war doch in diesem Heimkehrerfilm. Und in der „Sturmflut“. Oder in „Dresden“?
Ich habe mich immer gefragt, wer etwas an dem überstrapazierten Vollkostweib findet, jetzt weiß ich´s. Mein Vater.
„Ja, die Neubauer. Kenn ich. Ich mag die Makatsch. Habt Ihr die „Luftbrücke“?“
„Da haben wir nur den ersten Teil gesehen, aber die DVD hab ich hier liegen. Vielleicht schau ich mir das an. Die Neubauer spielt gut. Richtig gut. Fährst Du zur Buchmesse?“
„Nee – dies Jahr nicht. Hab ja nichts Neues.“
„Und die Dolly?“
„Kein Kontakt mehr.“
„Na ja. Ist vielleicht besser. Kannst Du Deine eigenen Sachen machen. Und Dir geht´s gut?“
„Geht gut, ja. Dann mach Dir mal nen schönen Abend und grüß Mutti.“
„Ja, das mach ich. „Vom Winde verweht“, den hast Du uns auch dagelassen, oder? Vielleicht schau ich den.“
„Lass es Dir gut gehen!“
„Du auch, Glam. Du auch. Die Makatsch war in „Lengede“, oder?“

9 Gedanken zu „FATHER AND SON

  1. sabbeljan

    anderes stadium als der titel(song) von yusuff.

    vaeter. baende zum erzaehlen. fuer mich nicht bloggbar. aber der familienroman wabert schon. und wenns nur fuer mich ist.

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  2. Au-lait

    REPLY:
    Ein Hoch auf unser Heimatbundesland. Auch wenn sich unsere Heimaten ja nichtsdestoweniger eher kaum ähneln. Immerhin war ich in der 4. Klasse im Harz auf Klassenfahrt. 😉

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  3. luckystrike

    mein vater hatte das mit dem telefonieren bis 1986 nicht adaptiert. er ging nur in den allergrößten notfällen ans telefon, und wenn. dann dauerte es höchstens 10 sekunden, und er sprach vor lauter aufregung so leise, daß man sowieso nix verstanden hat.
    in dem fall hab ich aber das gefühl, daß dein vater noch etwas plaudern wollte? ein nicht seltenes symptom, wenn die dame des hauses mal weg ist. da hatte ich mit meinem schwager schon die erstaunlichsten 4-stünder-gespräche, obwohl der sonst eher auch der 10-sekunden-mann ist.

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  4. bittersweet choc

    siehste – geht doch: erstaunliche transformationen. mein väterchen ist begeisterter digi-fotograf und hat sich im hohen alter bereits die zweite kamera zugelegt und den fetten drucker dazu.

    ich find das niedlich. auch die neue gesprächsbereitschaft.

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  5. glamourdick

    REPLY:
    ole, das tut mir leid für dich, mit dem ollen harz. die parallelklasse durfte wahrscheinlich nach berlin der las vegas oder so. oder so. ich bin ja in der 10. sitzengeblieben und kam 2mal in den klassenfahrtsgenuss. saarbrücken, ganz doll. und dann köln. und das gefiel mir damals richtig gut. und meine allererste klassenfahrt ging nach – kiel. aber da musste ich immer weinen, vor heimweh nach den harz mountains.

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