MAYBE 20TH CENTURY´S GREATEST GERMAN MOVIE-ACTRESS

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Mitte der 80er war das DDR-Fernsehen ein Garant für fantastische Dokumentationen über Filme und Stars des frühen deutschen Tonfilms. Diese Dokus liefen quasi als Vorfilm für ein (oft verloren geglaubtes) Juwel des Deutschen Films, das im Anschluss ausgestrahlt wurde. Immer dienstags, wenn ich mich recht entsinne. Dienstags ging Glam babysitten und, wenn die Kindchen schliefen, kultivierte er seine Filmbildung mithilfe der ostzonalen Fernsehunterhaltung.
Eines abends eine Doku, darin ein Gesicht, das mich im Schaukelstuhl gerade aufsitzen ließ. Eine Stimme, tief, klar, warm, fehl am Platz in ihrer Diktion. Eine Schauspielerin der Moderne gefangen in einem Film der frühen 30er. Sie. Sybille. Ich habe diese Dokumentation nur ein einziges mal sehen dürfen und trotzdem haben sich die Bilder festgebrannt. Eine Ausnahmeschauspielerin, die durch ihre Filme waberte wie Atemwolken. Sybille Schmitz. Es gibt nur wenige ihrer Filme auf DVD und leider fast ausschließlich die schlechten. Meinen allerersten Schmitz-Film Fährmann Maria (im Anschluss an die Dokumentation) findet man ausschließlich an Filminstituten (meine Kopie ergatterte ich während meinen Studiums der Theaterwissenschaft in der Institutslibrary) . Solche Filme werden heute nicht mehr im Fernsehen gezeigt. Im Grunde ist „Fährmann Maria“ als verschollen zu bezeichnen obwohl es noch Kopien gibt. Und das wurmte mich fast 2 Jahrzehnte lang, bis ich eine Filmidee hatte, für die ich Aspekte des Fährmanns verwenden konnte. Ja, ich weiß, dass Fassbinder Sybille Schmitz schon mit der „Sehnsucht der Veronika Voss“* ein Denkmal setzte, aber der privaten Figur Schmitz, dem schrecklichen Drama um ihren viel zu frühen, viel zu traurigen Drogentod. Mir war daran gelegen, die Schauspielerin zurück zu holen, das Wabern, die Atemwolke. Und sie im Film der Postmoderne in den Hafen ihrer Kunst einlaufen zu lassen. Eine mysteriöse aber energische Erscheinung. Ein Sinnbild von Tod und Sterben aber auch von Lebenswillen und survivalism.
Eine umfassende Biografie findet sich hier.

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* Schade, dass Barbara Sukowa damal zu jung war. Rosel Zech spielt zwar ein beachtliches Frauenschicksal, das Drehbuch ist zu gut, um es zu vermasseln (sogar Cornelia Froboess ist gut in ihrer Nebenrolle!), aber in ihrer Darstellung sucht man vergeblich nach dem Feuer, das in der Schmitz schwelte. Barbara could have pulled that off. Or Jessica L. aber die war damals mit der anderen tragischen Filmfigur, Frances Farmer, beschäftigt.

13 Gedanken zu „MAYBE 20TH CENTURY´S GREATEST GERMAN MOVIE-ACTRESS

  1. PetitePatate

    du hast wirklich einen außergewöhnlichen frauengeschmack. 😉 aber ich selbst lasse mich auch nicht selten von der ästhetik des hässlichen im leben anziehen.
    „das wabern, die atemwolke“ … gewohnt gelungene formulierungen, aber immer wieder bezaubernd.

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  2. arboretum

    Von Friedemann Beyer gibt es auch eine Biographie: „Schöner als der Tod“. Ich kenne allerdings das Buch nicht, habe nur den Autor schon ‚mal getroffen. Ich denke, die Murnau-Stiftung sollte auch die Rechte an „Fährmann Maria“ haben wie auch an 17 weiteren Filmen mit ihr. Falls also einmal einer dieser Filme irgendwo im TV laufen sollte, erfahren Sie es vorher dort.

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  3. glamourdick

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    das buch ist – – – „ordentlich“. ordentlich recherchiert, aber bleibt seltsam hohl. man bekommt weder ein bild von der schauspielerin noch von dem mensch schmitz. ist natürlich schwer, 50 jahre nach dem ableben noch zeitzeugen zu finden, aber dennoch. mir fehlte feuer und eis.

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  4. arboretum

    REPLY:
    Erstaunlich, denn meines Wissens verehrt Beyer sie sehr und besitzt auch eine Reihe Fotos von ihr, die auf der von Ihnen verlinkten Site auch zu sehen sind.

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  5. arboretum

    REPLY:
    Nun, mangelnde Distanz scheint ja bei dem Buch eher nicht das Problem zu sein, eher das Gegenteil, sonst wäre es nicht so blutleer.
    Von wem die Site ist, habe ich nicht nachgeprüft.

    P.S. Transit Film vergibt im Auftrag der Murnau-Stiftung die Lizenzen und wertet diesen und andere Filme kommerziell aus, die Rechte aber hält die Stiftung, zu deren Filmbestand der Film auch gehört.

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  6. arboretum

    REPLY:
    Ach, ich hatte nur vergangenes Jahr das Vergnügen, mich in diese Infos zu vertiefen, da ich sie jetzt nicht mehr brauche, gebe ich sie gerne weiter, damit andere auch noch etwas davon haben. 🙂
    Und Sie sind eh klug genug für zwei, Spreepiratin.

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  7. glamourdick

    REPLY:
    jemanden zu verehren heißt ja nicht, ihm auch gerecht zu werden. mit der site verhält es sich wie mit dem buch – die einzige schmitz-seite, die es gibt.

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  8. brittbee

    REPLY:
    großartiger Beitrag, LieblingsGlam.

    Ich fand das Buch auch schwach. Zu wenig eckig und gewagt.

    Verehrung tut einer einer Charakterskizze oder einem Portrait nie gut. Ein wenig Abstand und Kritikvermögen sollte man sich bewahren

    P.S. Die Rechte am Film hat Transit Film. Da ich den lieben langen Tag nix anderes mache als mich mit der Tragik verschollener Filme zu befassen kann ich da was machen, bei Bedarf.

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