MURDER ON THE DANCE FLOOR

Ein Tanzetablissement, nach Mitternacht. Es muss irgendeinen Alterungsmechanismus geben, der einen vor Sachen wie „in der Öffentlichkeit tanzen“ ab einen gewissen Alter bewahrt. Man überlässt das dann einfach den jüngeren Menschen. Oder denjenigen Älteren, die soviel Zeit und Geld in ihre Körper investieren, dass sie gar nicht mitbekommen, dass hautenge armlose Kapuzenshirts vielleicht die Muskeln gut hervorbringen, aber so unmodisch sind wie Goatees oder ausrasierte Nacken. Ich nippe an meinem Bier, fühle mich weder unwohl noch gut aufgehoben. Das Tanzetablissement habe ich mal für die Dauer von anderthalb Jahren komplett gemieden, hatte ich doch dort meine große Liebe kennengelernt, die ich nach dem Ende unserer Beziehung nie nie nie wieder sehen wollte. Das Vermeiden breitete sich dergestalt aus, dass ich eine ganze Straße in meiner Nachbarschaft ignorierte und (auch wenn es etwas umständlich war) gar nicht mehr befuhr. So stellt sich ein leichtes Befremden ein, wo ich viele Jahre später in diesem Laden bin, der sich so gar nicht verändert hat.
Aus dem nichts heraus steht mir plötzlich der Hanseat gegenüber. Nennen wir ihn Peter Hamburg, weil es sich bei der Ähnlichkeit zu Peter Berlin anempfiehlt. Ich zwinge mir ein Glam-Lächeln aufs Gesicht, grüße freundlich und gehe an ihm vorbei. Zwei Jahre sind das schon?
„Weißt Du wer das war?“
„Nee.“
„Der Typ, den ich im Roses so peinlich angemacht habe und am nächsten Tag treff ich ihn bei diesem Werbespotdreh.“
„Ach ja, stimmt. Der hat immer noch so ne komische Frisur.“
„Ich mag die Haare.“ Aber ich mag ja auch Peter Berlin.
„Der kuckt immer rüber.“
„Ach soll er doch.“
„Wirkt aber freundlich. Der scheint alleine hier zu sein.“
„Soll er woanders Anschluss suchen.“
Es muss eine Art Alterungsmechanismus sein, der es einem nicht gestattet, jemandem hinterher zu rennen, der einen schon beim ersten, zweiten und dritten Versuch hanseatisch versiert hat abblitzen lassen.
„Hör mal!“
„Murder on the Dance floor. Ich geh tanzen.“
„But you better not kill the groove!“
„Gonna burn this goddamn house right down!“

6 Gedanken zu „MURDER ON THE DANCE FLOOR

  1. tradem

    REPLY:
    If wishes where horses 🙂

    Ich selbst werde so derart unterschiedlich wahrgenommen ich glaube mein Blog ist nur ein Teil von mir. Eine Essenz. Und ja ich bin schon wieder zu ernsthaft. Selbst im Humor suche ich Philosophie 😉

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  2. raketenprinz

    REPLY:
    @tradem: tanzduracell ist ganz weit vorne. danke, da lag der prinz kurzzeitig unterm tisch. (er selbst tanzt ja tatsächlich nur, wenn alles, also wirklich ALLES egal ist. denn tanztechnisch ist er auch ohne armloses spray-on-leibchen sowas von 1.0, das ist schon nicht mal mehr 90er style.)

    @ glam: die wahre nachricht ist doch: sie waren aus, herr glam, und zwar in einem tanzetablissement! bravo, der prinz zieht den hut.

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  3. tradem

    Als inoffizelle Tanzduracell Hannover forder ich: Tanzfreiheit für Mensch allen Alters.

    Du hast also auch das typsiche Zwillinge-Grinsen drauf? Warum bringt mich das immer zum Schmelzen? Was ist das euer Geheimnis?

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