GLAMOURDICK in A TALE OF TWO REALITIES directed by LUST and DOUBT

Während des Endlosvortrages der Sabine hat sich der Laden gefüllt. Die charmante Kellnerin spielt so Lieder wie „London Calling“ und lächelt mir zu, dabei bin ich nun wieder nicht sooo alt. Menschen in recycleten Kleidungsstücken und entweder zu engen oder zu weiten Hosen rauchen selbstgedrehte Zigaretten mit Filter und beugen sich einander zu, das können wir auch, das müssen wir auch, wird ja Zeit. Zudem ist Billys Stimme ein so tiefer Bass, dass man ihn zwar körperlich fühlt, aber in einer lauten Bar verhält sich die Stimmfreqenz ähnlich wie Fledermauskommunikation, nur im untersten Spektrum – für normale Menschen in einer lauten Bar schwer hörbar. Egal, man muss ja nicht jedes Wort verstehen und ich baue ohnehin darauf, dass wir in absehbarer Zeit mit unseren Lippen etwas anderes anfangen werden. Aber dennoch bemühe ich mich, seinen Worten zu lauschen und kann schon sagen, dass ich 80% dessen, was er sagt, durchaus verstehe. Komme mir trotzdem unsexy vor, wenn ich alle paar Minuten „Pardon – i didn´ get that“ sagen muss. Wir reden über die Bedeutung der Quantenphysik für das Leben im 21. Jahrhundert
„It´s all about opportunities and getting a perspective on them!“
„Yeah – like, it´s all happening somewhere between Zero and One! Like, everything!!“ füge ich begeistert hinzu.
Ich erfahre jetzt, wo Billy herkommt, wie es ihn nach Berlin verschlagen hat, wo er wohnt, und dann sagt er etwas, was ich nicht verstehe. Ich bitte unsexy um Wiederholung, da holt er sein Handy raus, klickt ein bisschen darauf rum und präsentiert mir stolz das Handyfoto eines Mädchens, das mir die Zunge herausstreckt. „She´s my daughter, she´s seven. She lives in Neukoelln.“ So komme ich ja schneller an ein schwarzes Baby als Madonna!, denke ich, aber trotzdem behagt mir der Gedanke nicht. Liegt vielleicht an den innerlich zugehauenen Türen, die Sabine in mir zurück gelassen hat. Und der Enttäuschung darüber, welchen bizarren Verlauf der Abend genommen hat. (Wer kommt fast eine Stunde zu spät, wer bringt schon die besoffene Freundin mit, und MERKT ES EINFACH NICHT, dass es less than perfect läuft??)
Ich habe eine starke Sehnsucht, seinen Wortfluss mit meinem Mund zu stoppen und trau mich nicht. Das Problem hatte ich lange nicht mehr. Und es ärgert mich. Ich bin so scharf auf ihn, dass ich seinen Worten nicht mehr folgen kann und warte auf eine klitzekleine Gesprächspause, die nicht kommt. Da! Da ist sie. Zu spät. Er redet weiter. Jetzt!! Nein – zu spät. Finally gelingt es mir „Billy – I´d like to leave this place.“
Wir zahlen, die Kellnerin lächelt wie ein Luchs. Wir gehen nach draußen und über uns kreischt eine gelbe Ubahn die Gleise entlang.
„Where do we go now? Roses?“
Das ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe.
„Actually, I don´t want to go somewhere else. I wanna go home.“
Er zögert, runzelt die Stirn. „I can walk you.“
Und so gehen wir die Wiener Straße entlang, unsere Hände berühren sich manchmal. Wir reden Banales, wie anstrengend das Wochenende war. Dann stehen wir am Tor zur Mansion.
„Where we meet, Glam – it isn´t like in a play, it´s our realities, where you and I meet. And I want to see you again.“
Dann nehmen wir uns in den Arm, ich spüre seinen muskulösen Rücken unter meinen Händen. Wir schauen uns in die Augen. Die Gesichter nähern sich, die Jolie-Lippen liegen jetzt an meinen. Öffnen sich nicht.
Ich umarme ihn noch einmal fest. Sage „Goodbye“ und schließe das Tor hinter mir.

jazzsinger

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