Die Skalitzer sei ihre Lieblingsstraße in Berlin hat mir die G. mal erzählt, und ich konnte es nicht nachvollziehen. Das Beste was man auf der Skalitzer machen kann, ist in eine Seitenstraße abzubiegen, fand ich immer. Das hat sich geändert, weil die meisten Wege, die ich über die Skalitzer nehme, zu einem schönen Ziel führen, so dass ich sie mittlerweile sogar lieber zu Fuß zurücklege, nach Möglichkeit mit Judy im Ohr. Im Sommer ist es der Weg in den reizenden Minki-Garten oder in einen der anderen Läden in der Schlesischen – das Cake, Barbie D. oder den Freischwimmer. Im Winter ist es der Sonntagsnachmittasgspaziergang zu Lucky. Mit Musik equilibriert durch den Sonnenschein zu stapfen, mit verwehten Haaren und einem Mantel wie ein Brautschleier, den Entgegenkommenden ins Gesicht und den vor einem Gehenden auf den Arsch schauend, da fühl ich mich aufgehoben, richtig platziert. Ich schau, was Neues auf den Häuserwänden steht, wer wann im Lido auftritt, nicht dass ich da bislang auch nur einmal reingegangen bin, welches Bier man gerade trägt, welche Jeans und welche Wintermütze. Und auf dem Weg zurück, wie jetzt gerade von Lucky, da freue ich mich daran, wie finster die Skalitzer im Vergleich zur Schlesischen ist, wenn Judy „Stormy Weather“ singt. Wie die überirdische U-Bahn sich Giger-mäßig monströs schlängelt, an jeder Ecke eine potentielle Sally Bowles im Schatten, Lili-Marleenig. Die Restaurants machen sich schick, gegen 17h, sind noch ganz leer, aber freuen sich schon. Ich überhole Pärchen, denn die laufen immer im Mädchentempo, wie sich das schickt und ich find es cool schneller zu sein und unabhängig. Alle Hunde, die mir entgegenkommen sind Mischlinge, wild gemischte Mischlinge mt lila Augen und grünen Haaren beispielsweise. Im Nebel und in der Dunkelheit – das ist für mich ein geliebtes Äquivalent zum Sommer auf dem Schlachtensee. Im Nebel und in der Dunkelheit verliert Berlin, insbesondere auf der Skalitzer, den Zeitbezug. Es könnte vor siebzig Jahren sein oder auch eine Blade-Runner-Zukunft. Und in diesem Raum von Zeit zwischen vorgestern und übermorgen, der Jetzt ist, da fühle ich mich wie ein berauschtes Blutkörperchen in der richtigen Ader, Richtung Herz.
Veilchen im Moose á la Skalitzer. Dull would he be of soul who could pass by a sight so touching in its majesty.