Ich sitze ja nur am Rande. Zaungast. Aber es nimmt mich mit. Vor 10 Tagen fing es an. Die amerikanische Nachbarin stand weinend vor der Tür. Ihre Großmutter war gestorben und, streng jüdisch, sollte sie binnen 48 Stunden beerdigt werden. In San Diego, Kalifornien. Dank günstiger Umstände ging ihr Flug 7 Stunden später und sie schaffte es rechtzeitig, ihre Grandma auf ihrer letzten Reise zu begleiten. Am Tag darauf fand dann das bewegende Familiengespräch betreffs Tod, Sterben und Bestattung statt. Und eine Woche später sehe ich den besten Freund weinen. Seine Mutter.
Draußen grünt und blüht es. Meine Oma Sofie pflegte zu sagen „im Frühling kommt das Gift aus der Erde“. Man solle den Versprechungen des Frühlings nicht aufsitzen. Aber es ist vielleicht ein wenig leichter zu ertragen, das Unerträgliche, wenn einem die Sonne die Tränen zu Salz trocknet.
Ich bin nicht gut im Pflegen oder Trösten. Mir fehlen oft die Worte, weil – was sind die schon angesichts der Katastrophe? Manchmal denke ich – am Besten jetzt gleich mitsterben, dann würde man den Hinterbliebenen noch eine schrecklich Trauer abnehmen, das würde dann doch gleich in einem Tränenabwasch erledigt werden können. Morbid, ich weiß, aber seit zehn Tagen schaut er durchs Fenster, räuspert sich, macht unangenehm auf sich aufmerksam, der Angeber, der, der immer gewinnt. Der Tod.