DON´T DREAM IT. BE IT.

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Durch die Stadt an einem Samstag. Die Sehenswürdigkeiten kennt sie schon, deshalb können wir uns aufs wesentliche konzentrieren. Shopping. Sie hat sich für das Alexa entschieden. 10.000e andere auch. Durch Rauchwolken am Eingang tragen uns die Massen in die Gänge der Mall, schieben uns nach vorn, rechts und links, drängen uns in Läden. In allen Läden wird das gleiche angeboten, ich merke, wie ich mich in Folge der Globalisierung und des schlechten Dollars leergekauft habe. Es gibt nichts, was ich möchte. Ich hab alle DVDs, Bücher CDs und wenn nicht, dann sind sie bereits auf dem Postweg. Ich greife nach Filmen, nur weil sie unter 10 Eur kosten – ist ja bald Weihnachten, man braucht ja Geschenke, lege sie dann wieder weg. Dem Patenkind geht es ähnlich. Ihr Taschengeld-Budget ist eingeschränkt und ich darf es mit dem Schenken nicht übertreiben, sonst wirkt es als müsse ich irgendeinen Mangel kompensieren. Sie probiert Kleider an, die ihr nicht passen, bzw. die für den Ort an dem sie wohnt nicht gehen.
„Wenn ich hier wohnen würde, dann könnte ich sowas anziehen, aber nicht zu Hause.“
„So darfst Du gar nicht anfangen zu denken.“
Gern würde ich ihr sagen, geh nicht so krumm, aber das wird sie von ihren Eltern schon oft genug hören. Stattdessen ziehe ich ihr die Kapuze über den Mantel, damit sie nicht bucklig wirkt. Sie ist so groß wie ich und empfindet das natürlich als zu groß, sieht noch nicht den Vorteil darin.

Den ganzen Tag mache ich mir ein bisschen Sorgen und denke gar nicht über mich und meine Befindlichkeiten nach. Während wir nach 4 Stunden Einkauf erschöpft auf einer Bank sitzen und auf ihren Zug warten wünsche ich mir, ich könnte ein Foto von ihrer Gefühlswelt bekommen, in diesem Moment. Das sehen, was man mit 14 nicht verbal kommunizieren kann. Dass ihr der Besuch gefallen hat weiß ich, aber wie sie ihn in ihre Erlebniswelt einrichtet, das wüsste ich gern. Wie erlebt man die „Rocky Horror Show“, wenn man noch den Entscheidungen von Erwachsenen ausgeliefert ist – Eltern, Lehrern.

An disem Wochenende habe ich alle Entscheidungen ihr überlassen. Limo oder Red Bull, Friedrichstraße oder Einkaufszentrum, zu Fuß oder im Auto, Italienisch oder Indisch. Einzig den Wunsch, nach dem Mediamarkt noch den Saturn aufzusuchen habe ich ihr abgschlagen, aber stattdessen den Virgin Store am Bahnhof vorgeschlagen.

Und als ich ihr einen Abschiedskuss auf die Wange drücke und sie in den Zug einsteigen sehe, zwischen all den Fremden, da reißt es mir ein bisschen das Herz, ich denke an die Abschiede von meinen Eltern, wieviel schwerer die für sie waren, als für mich, der in der Stadt seiner Entscheidung zurück blieb, während sie wieder in ihr Zuhause zurück fuhren, um sich anhaltende Sorgen über meine fragwürdigen Entscheidungen zu machen.

Als ich die Treppen vom Gleis herabsteige fühle ich mich erleichtert. Alles ist gut gelaufen, alles war harmonisch, wir haben das Wochenende gut gemeistert. Kurz will eine Erinnerung zurückkommen, ich mit 14, aber ich merke, das ist eine andere Geschichte, und die gehört nicht zu ihr.

Ein Gedanke zu „DON´T DREAM IT. BE IT.

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