MENSCHEN AM SONNTAG

Das ist eine Form von Sommer, an die ich mich erst gewöhnen musste. Dass sich ständig Wolken verausgaben im Versuch das dramatischste Gebilde zu gestalten. An so einem Tag würde man nicht zum See fahren, aber man hat es ja gelernt, zwischen den Wolkenphasen gibt es dieses superdrastische Licht, dunkler See, dunkler Wald, dunker Himmel, hindurch birst die Sonne und alles sieht hyperreal aus, erleuchtet eben. Inszeniert. Man muss dann das Bild ganz schnell aufsaugen, besser noch, ins Wasser springen, um dem Eindruck etwas Physisches hinzuzufügen*, schwerelos, tauchen, mit offenen Augen, und das Unterwassergrün sehen (Gefahr laufend, dem Wels ins hässliche Antlitz zu schauen und vor Schock zu erblinden). Es gibt ein Gedicht über den Schlachtensee, das ist so Scheiße, dass müssen Sie sich selbst googeln. Und ich schreib nur selten Gedichte, aber der See ist eins. Der ist auch Heimat für mich. Über die Jahre wächst der Schatz an Geschichten und Erlebnissen, die sich auf und in ihm zutrugen. Die Themen der Gespräche ändern sich nicht, es kommen nur neue hinzu. Und irgendwann taucht man auf und sieht vier Köpfe, die aus dem Wasser schauen, in unerklärten Formationen um die kleine Flotte schwimmend, die man vermutlich deuten könnte wie den Stand der Sterne oder den Vogelflug. Und da ist er, der Sommer, den man so verlässlich ersehnt hat, und schöner könnte er kaum aussehen und gut fühlt er sich an.

*Jetzt möchte ich den ganzen Tag nur noch hinzuzu sagen. Hinzuzu. Hinzuzu. Liebe deutsche Sprache.

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