5.5.12

Dass ich nicht ein halbes Vater-Gen besitze merke ich, als ich dem ca Zweijährigen dabei zuschaue, wie er das Eis (also gefrorenes Wasser, kein Speiseeis), das gerade auf den Boden gefallen ist, aufhebt und – selbstverständlich – in den Mund nimmt. Der Boden ist nicht schmutzig, aber das Café sehr bevölkert. Strike und ich wissen es seit unserer konzipierten und noch nicht realisierten Koch-Show, Arbeitstitel „Dreck reinigt den Magen“: Dreck reinigt den Magen. Also greife ich nicht ein, sondern schaue weiterhin amüsiert zu, wie der Kleine immer zielstrebig den größten Brocken aufklaubt und isst.

Drei Bloggerinnen und ich sitzen auf dem Ecksofa und die Ladies verarbeiten die Eindrücke der Republica, die einmal mehr spurlos an mir vorübergegangen ist. Ich habe das Uni-Feeling noch nie vermisst. Außerdem bin ich ein schlechter Zuhörer, außer bei Gesprächen und Musik. Frau Fragmente fragt mit wie immer wissenschaftlich präzisem Interesse, wie es mir denn eigentlich wirklich geht und möchte einen Bericht. Ich finde ja, dass das eine Frage ist, die man Emo-Bloggern nicht stellen braucht, denn es steht doch so gut wie alles hier. Der Rest zwischen den Zeilen. Connect the dots. Auf einer Geburtstagsparty, denn wir befinden uns auf der Party des geschätzten Bomec, möchte ich nicht auf meinen gegenwärtigen Frustrationen herumreiten, sondern mich einfach stattdessen amüsieren und schon am Nachmittag Wein trinken.

Sydney hat von einer Folge auf die nächste die Haare ab, und das, wo ihr die Sprührfrisuren im Sixties-Style so ausgezeichnet standen. Ich bin ein bisschen schockiert. Ich spule zurück, halte ein paar Großaufnahmen fest und freue mich, dass ich mich über den Anblick eines Menschen so freuen kann.

In der vorletzten Nacht bin ich schlafgewandelt und habe Zahnpasta an die Wand über der Badewanne gekleckst. Das hört sich vielleicht lustig an, aber ist für jemanden mit Kontrollverlust-Besorgnis besorgniserregend. Eine gelungene Panikattacke – also ein Ablauf, der nicht aufzuhalten ist, bei dem mindestens fünf Angst-Symptome gleichzeitig auftreten (Schwitzen, Zittern, Herzrasen, Atemnot, weiche Knie, Übelkeit usw), bildet einen Zeitraum, in dem man keine Kontrolle mehr über den eigenen Körper hat – ein gruseliges Erlebnis. Mein abgespaltetes Schlaf-Selbst, das nachts durch die Wohnung läuft und mit Zahnpasta kleckst oder „Boycott God“ mit Kajal an die Wohnungstür schreibt – gruselig. Aber alles ich.

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