you´re watching yourself but you´re too unfair

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6.15 aufwachen, Teewasser aufsetzen, schauen, was die Spinne im Bad macht (sitzt immer noch reglos an der selben Stelle) und dann fällt mir ein – die Oscars. Heute werden die Nominierungen bekannt gegeben. Schnell also, während der Tee zieht, den Mac angeschmissen und IMDB aufgerufen und noch vor dem Banner für die Oscars das: Heath Ledger dead at 28. Ich bin morgens noch emotionaler also sonst am Tag und hatte noch nicht mal meinen ersten Tee getrunken, da liefen die Tränen. Ich muss keinem Schwulen „Brokeback Mountain“ und die Bandbreite seiner Wirkung erklären. Einem Hetero noch weniger, dafür fehlt mir die Zeit. Jedenfalls, an meiner Arbeitswand, also der, auf die ich jeden Tag schaue, während ich schreibe, da, u.a., seit ich „Brokeback“ zum ersten Mal sah, in der Liga meiner Helden Jake und Heath. Teil meines hollywoodbrainchildishen Pantheons.

Aus dem Haus, und immer wieder, den ganzen Tag, noch jetzt, merke ich, dass ich mich nicht zusammenreißen will und kann. In der Arbeitspause „The Secret Life of the Lonely Doll“ zu Ende gelesen und es trotzdem geschafft, den Arbeitstag nicht frühzeitig zu beenden. In der Rauchpause am Fenster liefen die Tränen in die Kälte. Dare. Blaine. Heath. Jean Nathan. Wischt man einmal mit dem Taschentuch über die Wangen und ist optisch fast wie neu. Auch mein projiziertes Selbstmitleid ist eine Form von Anerkennung und Wertschätzung, denke ich.

Jeden Tag am heimatlichen Schreibplatz, wenn der Blick sinnierend von der Screen wegschweift: meine eigene „Loney Doll“ (Fuß im Bild), Polaroids meiner besten Freunde, die „Aufmerksamkeitspille“ von Svenja Hehner (nicht im Bild), das Doris-Autogramm, Kate, Rufus, Devendra, Dolly + Michi + ich, und eben diesen eine wunderschöne Bild von Jack und Ennis, so als Hoffnugsträger, dass es andauernde Liebe zwischen Männern geben kann.

Am Nachmittag ein Gefühl wie ein Koks-Hangover. Erschöpfung total und trotzdem schlaflos. 16 h, zwei Glas Rotwein, dann schläft sich das ein wenig und wacht auf und es ist der gleiche Tag, immer noch, und er soll gefälligst vorbei gehen oder sich ungeschehen machen. Das war doch wirklich genug, von der Post ganz zu schweigen.

Da ist ein Mensch gestorben, der einer Familie entstammt und selber eine Familie hatte. Das ist das eine sehr, sehr Schlimme. Und dann ist da aber noch die Figur, die sich den Weg in Privat- und Kollektivmythen verankert hat. Und da ist ein neuer toter Mann an meiner Wand, also schäme ich mich meiner panthetischen Tränen nicht.

10 Gedanken zu „you´re watching yourself but you´re too unfair

  1. brittbee

    ich finde es so jammerschade, daß dieser talentierte junge mann, der doch vergleichsweise gesund wirkte, den zirkus wirklich nicht verarbeitet hat. ( mutmaßungen, soweit, aber sieht ja verdächtig nach drogentod und depression aus)

    was für eine sinnlose verplemperung, es macht mich gerade eher wütend als traurig. warum nicht lieber die dohertys dieser welt?

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  2. lore.berlin

    Wunderschön geschrieben. Ich bekomme es auch nicht wirklich aus dem Kopf und habe gestern auch den ganzen Tag immer wieder daran denken müssen…

    Auch wenn man den Menschen an sich nicht kennt, berührt es, ob nun Selbstmord oder Unfall… Als River Phoenix 1993 starb, hab ich ne ganze Woche geheult…

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  3. kittykoma

    REPLY:
    es läßt sich keine logik mehr erkennen. die industrie zerstört die, die sich anpassen genauso wie die, die sich ihren eigenen weg suchen.
    das ist der verlust eines menschen, der sehr weit weg gelebt hat wie auch der verlust eines großen talents. der mann wird in den nächsten jahren fehlen und er ist kaum zu ersetzen.
    als ich den batman-trailer gesehen habe (und das ist sonst garnicht so mein ding) war ich tief beeindruckt.

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