APRIL: BERLIN CITY

Ich weiß nicht, was die ganzen Menschen im Winter machen, die jetzt an den Wochenenden aufgescheucht den Sonnenstrahlen hinterherlaufen. Sie verlassen ihre Wohnzellen offensichtlich gar nicht, man kann nur hoffen, dass sie ab und an mal lüften. Vielleicht liegt es auch an den ganzen hübschen Spaniern, dass wir auf einmal so viele sind, im Frühling in Berlin. Nach zwei Tagen Potsdamer Platz freue ich mich auf eine etwas entvölkerte Woche. Samstag war mal wieder Filmmuseum, die Licht und Schatten Ausstellung über den Film der Weimarer Republik. Eine reine Foto-Ausstellung, sehr überschaubar und enttäuschend und unvollständig. Sie gab keinen Eindruck von der Vielschichtigkeit der damaligen Produktion, das gelingt in der ständigen Ausstellung etwas besser. Zudem hätte ich mir bei vielen der Motive eine vergrößerte Darstellung gewünscht. Das sind teilweise so wunderbar durchkomponierte Stills oder Tableaus, dass man sie einfach größer und deutlicher sehen muss. Ein Großteil des Gezeigten war auch aus der einschlägigen Literatur bekannt, keine Überraschungen also.
Am Sonntag dann endlich August: Osage County und wieder einmal das Vorzeige-Erlebnis, warum ich Kinos hasse. Außer mir eine Person im Saal zunächst, aber diese hat es sich mit einer Riesentonne Popcorn bequem gemacht. Ist ja auch herrliches Popcorn-Kino, wenn Julia Roberts Meryl Streep an die Gurgel geht. Ein weiterer Popcornfresser setze sich dann direkt hinter mich, ich hatte so ein bisschen Mordlust und setzte mich dann um. Den Film so unter Adrenalin zu sehen war ein Erlebnis für sich, dem Geschehen auf der Leinwand absolut angemessen. Die furiose Hassliebe innerhalb einer „ganz normalen“ Familie ist so klaustrophobisch inszeniert, dass man aufatmet, wann immer die Kamera das stickige, düster möblierte Haus verlässt. Jede einzige Figur ist treffend besetzt, ein großartiges Ensemble-Erlebnis. Defintiv kein badtime/ feelgood-Erlebnis, sondern eine düstere, hämische Abhandlung über Familienbande. Quasi so, wie Familien nun mal sind. Als ich nach dem Kino eine Zigarette drehen wollte, musste ich den Versuch aufgeben, da meine Hände so zitterten. Ja, das kann Hollywood-Kino also doch auch – neben 3D und CGI-Bustern – Verstören, allein mit adäquat erzählten Geschichten.

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