SUCH A PERFECT DAY

Nach 25 Jahren wiedergesehen und sofortige Sympathie. Da kommt mein Babysit-Kind die Treppe hoch, mittlerweile bekommt sie selbst eines. Und sucht eine Wohnung in Berlin. Gut, dass bei mir im Haus gerade eine kernsaniert wird. Wir schreiten durch eine Wolke Dielenabschlifssstaub, bewundern die freigelegte Wand – rotes Mauerwerk und Fachwerk, ein paar gelungene Änderungen im Schnitt der Wohnung, dann lädt uns die Amerikanische Nachbarin in der Wohnung darüber zum Frühstück. Es ist eine Freude, den beiden zuzuhören. Dann zeige ich ihr meine Wohnung, wir reden noch ein bisschen, fahren durch Kreuzberg, holen die Lieblingskollegin ab. Am Mehringdamm verabschiede ich das Mädchen, auf das ich zwei Jahre aufgepasst habe, in den beiden Jahren vor Berlin.
„Wir waren uns so sicher, dass es ein Mädchen wird und jetzt, wo wir wissen, dass es ein Junge wird, haben wir noch gar keinen Namen. Weißt Du einen?“
Da muss ich lächeln. „Rasmus.“
Sie kriegt ganz große Augen, hellblau sind sie, „Das ist aber wirklich ein schöner Name!“
Es fühlt sich ein wenig seltsam an, den Namen meines Sohnes, den ich nicht haben werde, zu verschenken, aber wenn ihn jemand verdient, dann sie. Ich würde mich auch dann über einen Rasmus im Haus freuen, wenn er nicht von mir wäre.

Am Abend verkürzen Strike und ich die Bürozeit um eine Stunde und machen uns auf dem Weg in die Panoramabar. Berghain. Berlin. Klischee. So Zeroes. Wir haben es beide geschafft, das Berghain jahrelang konsequent zu meiden. Ich persönlich wegen der Musik und weil eine Anwesenheit dort ohne Drogen schwer vorstellbar ist, ich nun aber jahrelang keine Drogen mehr nehme und auch nicht vorhabe wieder damit anzufangen. Beide fürchten wir, uns dort deplatziert zu fühlen und selbst Ex-Roomie ruft ein paar Mal an, weil er das Berghain nicht findet. „Die meiste Zeit wenn ich hier war, war ich so betrunken, dass ich mir den Weg nicht merken konnte.“
Aber dieses Mal ist es ausgerechnet die Musik die uns herbringt – John Grant singt und musiziert und verehrt seine Präsenz der Panoramabar. Die sich als idealer Ort für die Elektro-Nummern von Pale Green Ghosts erweist. Bässe, Wummern, weißes Licht, Mr Grant ganz in schwarz mit zurückgegelten Haaren. Man muss ihn lieben. Waren die Konzerte im Lido und Babylon schon lebensbereichernde Erlebnisse – der Auftritt hier füllt das Spektrum und bringt etwas Neues dazu – endlich kann man sich mitbewegen und ist nicht in einem Stuhl gefangen. Die Truppe Homos der Befreiungsgeneration, jetzt so Mitte 60, die vor mir steht und ein bisschen Ausdruckstanz macht – mein Gott, das haben sie sich erkämpft – findet das genau so wie die dünnen Hipster, die, wie ich, das Rauchverbot umgehen, was selbst die Radio Eins-Hörer in Goretex nicht anfechten.

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