Wir zirkeln so umeinander rum, obwohl wir, genau betrachtet, nebeneinender her laufen. Erst durch den Görlitzer Park, dann am Paul Lincke-Ufer entlang, das genau so übervölkert ist, an diesem sonnigen Sonntag. Es ist das erste Mal, dass wir uns nicht virtuell unterhalten, sondern in Person, und ich hatte einen Spaziergang vorgeschlagen, weil ich ein nebeneinander günstiger für ein Kennenlernen halte, als ein gegenüber sitzen. Man schaut nach vorn, gelegentlich zur Seite, und bei jedem Blick zur Seite denke ich WOW. Der Mann ist Zucker, nein, Honig. Dichtes langes glattes schwarzes Haar, ein perfektes Gesicht mit hohen Wangenknochen, ein Kussmund, weiße, Zähne und Mandelaugen mit langen Wimpern. Er ist 28, seit einem Jahr in der Stadt und sein Beziehungsstatus ist so konfus, wie es sich für dieses Alter und diese Stadt und einen Mann mit seinem Aussehen gehört. Er ist irgendwann bei seiner Affäre eingezogen und jetzt changieren die beiden zwischen Freundschaft und offener Partnerschaft. Er hat an Schluss machen gedacht, aber dann wurde sein Freund krank, und dann macht man so was nicht.
Als ich von seinem Gesicht weg- und nach vorne schaue, steht mir die N. gegenüber, mit ihrer Freundin, der S., die das Paul-Lincke-Ufer aus der anderen Richtung entlang flanieren. Umarmung, Küsschen, kurzer Statusabgleich – die N., eine wunderschöne Frau in ihren 30ern, hat einen Endzwanziger kennengelernt und weiß jetzt nicht so. Ich denke nur – keine Ahnung wie viel deutsch mein Begleiter versteht, ich hoffe gar nichts. Zu meinem Status ist nicht viel zu sagen, er steht neben mir.
Später sitzen wir uns dann in meiner Wohnung gegenüber. Erzählen weiter, trinken Sekt. 10 cm Entfernung zwischen unseren Knien. Wir spielen uns Musik vor, denn über „Running up that hill“ haben wir uns vor Monaten kennengelernt. In nicht wenigen Momenten das Gefühl, genau jetzt den nächsten Schritt zu tun, aber die Vernunft ist stärker als die Versuchung. Hier steht mindestens ein Herz auf dem Spiel und ich weiß noch zu gut, wie das war, vor ein paar Jahren, als ich in einer ähnlichen Konstellation war. Und so bleibt es dabei. Ich sehe entzückende Details – seine Füße in schwarzen Socken, feingliedrige Hände. Und, ja, das hätte ich selbstverständlich gern im Arm, im Griff, im Mund usw., aber das Drama, auf das ich mich einließe, dem würde ich nicht standhalten.
Und er macht keine Anstalten zu gehen.
Nach 5 Stunden, es ist mittlerweile dunkel, musikalisch sind wir bei Asaf Avidan gelandet, der ihm, wie vermutet, gefällt, verkündet er seinen Aufbruch.
„So, will you be on the lake with us this summer?“
„I´d love to.“
Dann kommt er auf mich zu, schaut mir in die Augen und nimmt mich in den Arm. Hält mich fest. Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Er mir. Und dann bring ich ihn zur Tür.
So ca eine halbe Stunde into „The Wire“, Staffel 2, merke ich, dass ich null mitbekommen habe, von dem was ich gerade im TV gesehen habe. Also spule ich zurück und versuche, so etwas wie Konzentration aufzubringen.
„Temptation is like dandruff. You don´t always know it is there. But it is there.“ (Sydney Andrews)
Vielleicht sollten wir uns doch durchringen? Du zu dem, ich zu dem kleenen Italiener, dann könnten wir Playdates machen, wir schauen uns Schwarzweiß-Filme mit exzentrischen alten Frauen an und die Burschis können in der Lüche mit ihren Handys spielen?
dann sind wir praktisch europa. wir machen das. marschieren dann in russland ein und machen alle kinder schwul! das wird was! und wenn wir dann die weltherrschaft haben schaffen wir den eurovision song contest ab!
Der wird dann einfach ersetzt durch das wöchentliche Elephant-Love-Medley-Singen in der GD-Mansion!
und nach unserer amtszeit gehen wir mit den jungs ins exil auf die kapverden. nach diktatur verreist.