Irgendwie so durch die Woche gestolpert. Sendungsbewusstsein below zero.
Im letzten Jahr immer wieder Romane gelesen, die thematisieren, was ja auch mir geschehen ist – der Tod der Industrien auf Grund von Geiz, der dazu führt, dass überbildete Menschen in Jobs landen anstatt in Berufen. (Paperback-writer ist kein Beruf, das ist eine Parallell-Existenz.) Gerade jetzt lese ich Gone Girl, das wohl deshalb so erfolgreich ist, weil es so gut ist. Perspektive 1: Eine Frau verschwindet, ihr Mann berichtet. Perspektive 2: die Tagebücher der verschwundenen Frau. Selten deckungsgleich mit den Berichten/ Erinnerungen des Mannes. Auch diese beiden herausgeflogen aus einer Luxus-Welt, gestrandet im Kaff, in dem er aufgewachsen ist. Man muss gar nichts vom Plot wissen – lesense ruhig, ist ein Kunstwerk, eine Geisterstadt von einem Buch.
Kürzlich wachte ich auf und dachte – noch ein Burn-out-Opfer mehr im Betrieb und wir firmieren um in Krematorium. Aber ist so. Diese Kultur verbrennt ihre Kinder, macht vor Erwachsenen schon mal gar nicht halt. Und man weiß gar nicht – ist es besser, im alten Modus zu wirken oder im Neuen? Ich seh das gerade am Beispiel des Verlags, bei dem ich veröffentlicht bin. Old school. Da werde ich sehr ungeduldig, weil ich merke, die existieren in einer anderen Zeit. (Und, ja, ich finde die Oper wird sträflich ernachlässigt.) Und dann kommt gestern die Anfrage, ob ich nicht bei einem Buchprojekt mitmachen möchte, das ich versuchte vor 6, 7 Jahren an den Mann zu bringen und bin extrem unaufgeregt. Ich bin ja jetzt schon in der Situation, dass ich ein Buch am Start habe und keiner weiß es.
Selbst Barbra Streisand hat ihren Überperfektionsanspruch eingestellt, indem sie ein 2012er Konzert veröffentlicht hat, das ich mir gestern in einem unerklärbaren Retro-Flash gekauft habe. Ich hatte wohl Sehnsucht. Nun ist die Frau, sowie deren Stimme, in den 70ern, so dass sich repertoire-technisch einiges verbietet – sie singt´s trotzdem. Und recht hat sie. Es hat etwas Rührendes, mal ein bisschen Kratzen in der Stimme zu hören.
Und so sitze ich Samstag um 10 in meiner Schreibklitsche, Streisand singt Evergreen, und wir alle werden auch nicht jünger.
Meine bahnbrechende Erkenntnis der letzten Woche war: Mit gebremstem Schaum komme ich weiter. Wenn ich weder mir noch jemand anders was beweisen muss.
Da habe ich mehr als ein Jahrzehnt Schauspielern eingehämmert: Just be! und ich selbst kapiere es erst mit fast 50.
Und auch Komromisse aus der Angst, irgendwo anzuecken, nicht akzeptiert zu werden oder einen Fehler zu machen, sind selten geworden. Das ist gut so. (und eine Mail folgt)