FLORENCE, JUAN CARLOS

Es hatte mich im Moment zurückgetragen in ein Seminar der Religionswissenschaft Anno youdontwannnaknow. Thema „Propaganda im Unterhaltungsfilm im Nationalsozialismus*. Es war ein Blockseminar. Sechs Stunden am Wochenende Nazi-Filme schauen und abhandeln. In dem besagten Fall waren es die Riefenstahl-Olympia-Filme. Und unter uns abgefeierten Anfang-Zwanzigjährigen kam mitunter post-Party-Heiterkeit auf. So auch angesichts des voll besetzten Olympiastadions. „Volles Haus! Und nur eine funktionierende Toilette“ schrieb mir ein Sitznachbar in meinen College-Block, was zu einem adoleszenten Rumprusten und Lachkrampf führte, der sich wirklich nur durch Jugend und eine sehr lange Freitagnacht erklärt. So also auch gestern Abend minus Jugend und minus Partynacht. Florence in der Arena. Auf dem Ticket stand Einlass 18.30, Beginn 20h. Als ich Viertel nach 8 ankam spielte eine Vor-Band, die jedes Lied anmoderierte mit „Hey – you looking Forward to see Florence?“ und so Applause erntete, die sie für ihre Musik nicht bekam. Was soll´s – dachte ich mir und befand, ein Bier, eine rauchen, wird schon noch. Das mit dem Rauchen war schnell erledigt, gibt es doch in der Arena eine dafür eingerichtete und gut ausgeschilderte Raucher-Lounge. Der Vorteil dieser: man muss nicht mal selber rauchen, man stellt sich einfach rein und atmet. So muss sich ein Schinken fühlen, bevor er das Prädikat „Räucher-“ verliehen bekommt. Danach also an die Bar. Sittsam in Pärchen stehen allerdings dort bereits ca 200 Leute vor einem. Auch an den anderen Bars. Und die anderen Schlangen, die den Raum zieren befinden sich – jetzt der Schlenker zum Intro – vor den Klos. Ich halte noch etwa 15 weitere Minuten aus, dann besinne ich mich auf den nachmittäglichen Email-Verkehr, zücke die Matrix und tippe „How fast can you be in Kreuzberg?“ Die Antwort kommt umgehend. „Give me 40 minutes.“

Am Ubahnhof stehe ich und warte den Zug mit dem charmanten Südamerikaner ab. Ich trage noch smoky eyes, die eigentlich für Florence bestimmt waren. Aus der ersten UBahn stürzen sich aggressiv pöbelnde Türkengangs, werden aber nicht auf mich aufmerksam. Anders bei der zweiten. Vier Teentürken laufen auf mich zu und schreien mir mit Döner-Atem ins Gesicht „Eybisdu Traaaaahhnse-Alta-ey?“. Es sind vier. Was soll ich tun? Bei einem hätte ich nicht gezögert, ihn die Treppe runter zu stoßen. So bleibe ich einfach stehen und hauche imaginären Nagellack trocken. Die kleinen Scheißer ziehen weiter. Ich schau mir die anderen Leute an, die alle nichts gesehen oder gehört haben. Und bleibe stehen. Nächste Ubahn 15 Minuten. Stelle fest, dass sich nicht einmal mein Herzschlag beschleunigt hat. Kein Zittern, keine weichen Knie. Wut, ja. Hass. Aber keine Panik.

Die nächste U-Bahn kommt und bringt mir den charmanten Südamerikaner, der noch sexier ist, als auf seinen Fotos. Wir gehen zu mir und tun all die Sachen, die homosexuelle (und wohl auch manche heterosexuelle) Menschen miteinander machen.

Ich könnte mich etwas mehr über diese Nacht freuen, wäre da nicht die Wut darüber, dass die Türk-Kids in der Überzahl waren. So eine Behandlung hatte ich in meiner Kindheit täglich. Ihr verdanke ich die Panikstörung. Dass ich diese gerade medikamentös halbwegs im Griff habe, rechtfertigt nicht das Verhalten dieser Wichser. Ich wünsche mir eine Bestrafung. Ihre Mütter sollen ihnen ins Gesicht spucken und sie eine Woche lang nicht bekochen. Sie sollen eine Woche lang in Brandenburg sich selbst überlassen sein, ohne Iphone, ohne Kumpel. Sie sollen solches Verhalten im „Roses“ an den Tag legen und sowas von kollektiv verprügelt werden, dass sie nur noch das Land verlassen möchten.

*Das religionswissenschaftlich Institut der Technischen Universität Berlin war ursprünglich angetreten, zu ermitteln, wie so etwas wie der Holocaust überhaupt entstehen, bzw geschehen und kulturell untermauert werden konnte. Haben Sie mal wieder etwas gelernt, hier.

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