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Steht also da ein fülliger Mann, schwarze Jeans, schwarzes Hemd und zieht sich singend nackig aus. Coming of age, coming off drugs, falling out of love, das Schweigen, das einem der Ex entgegensetzt, weil, mit einem zu dealen wäre einfach zu schwer. Man rennt ihm über den Weg, walk on by, und das ist der Ort, wo Lieder entstehen. Das hört sich jetzt ziemlich depri an, wäre da nicht der andere Mann, der in diesem Mann auf der Bühne steht und mit Charme, Humor und Wärme sein Publikum um den Finger wickelt, ein Publikum, das sich in zwei Jahren immerhin verdoppelt hat – letztes Mal Lido, dieses Mal Babylon Mitte. Crisper Sound, sehr gute Verständlichkeit, außer – es riecht ein bisschen nach Fuß, aber ansonsten entpuppt sich das Kino als konzerttauglich.

Auch das ist John Grant: Aus nach dem Konzert noch ein Glas Wein trinken werden schnell vier. Frau Frost fasst zusammen – diese Stimmlage, fast immer die gleiche, das ist der Ort, von dem er bezieht. Anders als vor zwei Jahren schert die Stimme aber manchmal aus, wird operatic, was ihr sehr gut steht. Gespräche über Tiefen und Untiefen von Emotion, die Tricks, die unsere Seele uns spielt, die uns manchmal zu Beziehungsarschlöchern macht. Oder schwierig. Oder menschlich. John Grant dankt man mit standing ovation, eigentlich möchte man ihn in den Arm nehmen und feste knuddeln – nicht, weil man ihn trösten möchte – den Trost liefert er sich durch seine Kunst – sondern, um ihm zu sagen, hey, ich bin genau so fucked up, und weesste, halb so schlimm. Und dann könnte man mit einem Rhabarber-Sprudel anstoßen.

Und „Glacier“. Ein feines Gedicht in Dorothy Parker-Tradition (ich vermute, Dorothy Parker war John Grants landflüchigte Großtante), das zu einer Hymne wird. Bombast-Finale, das Tränen in die Augen treibt und doch stark macht. Schräg vor mir saßen drei Menschen, die ich sehr lieb habe und ich habe sie beben gesehen. Danke, John.

(Meines Erachtens das Lied, das auf die „50 Words for Snow“ gehört. Fuck Sir Elton, Miss Bush. Sing mit John Grant.)

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