GLAM ON TURKEY

„Sagen Sie mal? Kann das sein, dass Sie keinen tiefgefrorenen Rosenkohl in den anderthalb-Kilo Beuteln mehr da haben?“
Herr Dick rechnet mit einer patzigen Antwort wie „Frach det doch den Tiefkühlmann, ick bin die Käsethekenfrau“, aber stattdessen:
„Na – ich kiek ma, wa?“ Lässt den Büffelmozarella Büffelmozarella sein und kommt hinterm Tresen vor.
„Na dit is ja ´n Ding. Hier müsster eingtli liegn.“
„Ja, steht dran, ne?!“
„Da is nur Iglu!“
„Ja, aber da zahl ich ja das Doppelte.“
„Dit is wohl wahr. Hamsen Aujenblick? Dit liecht villei an der Inventur. Donnerstag ist Inventur. Ick lass ma den Herrn Beeser ausrufen.“
Dies geschieht. Herr Beeser auf die Elf. Wir warten auf Beeser. Beeser kommt nicht. Wahrscheinlich lädt er gerade in den Innereien von Karstadt Rosenkohl ab.
„Ach wissen Sie, ich glaub ich nehm dann doch den von Iglu.“
„Wat ick immer mach: ick koof den frischen, wasch den und frier den ein. Kommt ja aus jleiche raus.“
„Aber kriegen Sie denn die Rosenkohlröschen da auch richtig sauber?“
„Na klar.“
Sie tritt wieder hinter Tresen hervor, stellt sich neben Herrn Dick und präsentiert ein imaginäres Rosenkohlröschen.
„Die jelben Blätter machense ab, und det kleene Klümpchen unten, und dann ritzense det kreuzförmich ein. So etwa.“ Gestikuliert kleines Kreuzchen in kleines Restklümpchen.
„Das kann ich ja mal probieren. Dankeschön.“
Glam geht zum Gemüseregal, dort stehen zwei halbwüchsige türkischstämmige Berliner mit einer langen Inventurliste. Die beiden riechen als hätten Sie gerade in der Parfümerieabteilung geduscht. Frisch. Passt. Frischwaren. Glam schiebt einen der jungen Herren freundlich beiseite und greift drei Netze Rosenkohl.
„Könnsi das esseney?“
Glam honoriert das „Können SIE“ mit einem anerkennenden Nicken.
„Man wäscht, macht die gelben Blätter ab, schneidet das Klümpchen ab und in das Restklümpchen schnitzt man ein kleines Kreuzchen. Kinderleicht.“
Jetzt ist an den beiden Inventurjunioren anerkennend zu nicken.
„Schmeckt sehr gut“.

Und heute abend befreit Glam die verfrorenen, kreuzgeritzten Köhlchen aus dem Eisfach wo sie jetzt noch neben dem Vanille-Vodka schönheitsschlafen, bereitet sie nach Vorschrift zu und freut sich auf ein Thanksgiving-Dinner bei der amerikanischen Nachbarin.

24 Gedanken zu „GLAM ON TURKEY

  1. raketenprinz

    ich bin ja so neugierig – wofür der kreuzschnitt? blühen die dinger sonst unter gefrierbrand auf? ich persönlich meide ja prinzipiell kohl aus den gleichen gründen wie hülsenfrüchte (akute ballonitis), aber zu thanksgiving? da gehören die doch gar nicht hin…

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  2. skailight

    was waeren wir ohne kundige supermarktfachangestellte !
    meine heisst frau arbeiter(!) und wird ihrem namen im hl-markt im gallusviertel von frankfurt gerecht . sie weiss nicht nur bescheid , sondern ist darueberhinaus immer freundlich und wohlmanikuert(zweifarbig und mit glitzersteinchen!) und verfuegt ueber eine wind und wetterfeste akkupatz-frisur … aktuelle verarbeitungstipps fuer europaeisches herbstgemuese konnte ich leider nicht erfragen , da ich ja zurzeit in thailand weile …
    hier gibts nur orchideen(zur deko) und zitronengras (zum davonlaufen) . thanksgiving ist hier auch nicht bekannt und im oertlichen tante emma laden (keine ahnung wie tante emma auf thai heisst : mai ling ?) arbeitet die ganze familie ! macht nix – essen is lecker und singha – bier knallt ! da muss man ja nichts mehr erklaert bekommen …

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  3. schroeder

    Mein Vater hat den Rosenkohl immer ein Weilchen kochen lassen und dann das Wasser abgegossen, um die Röschen in frischem Wasser weiter zu kochen…
    Er sagte, das helfe gegen den gelegentlich bitteren Geschmack, den Rosenkohl mitunter hat…

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  4. glamourdick

    REPLY:
    na weil mein karstadt-trip am dienstag war und ich wollte kein risiko eigehen, dass die kleinen sprotten am donnerstag nur noch gelbe blätter haben. deshalb musste ich sie freezen.

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  5. glamourdick

    REPLY:
    der wahre rosenkohltrick ist eine drastische verringerung der garzeit. stark gesalzenes wasser. und eine prise muskat. das mit dem frischwasser werde ich nachher mal testen. erst muss ich mal den amerikanischen cheesecake zaubern. (ist ne backmischung).

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  6. glamourdick

    REPLY:
    ich hab auch grad was neues gelernt. als ich in die nachbarwohnung kam, da duschte die nachbarin gerade das tote tier. also unter der dusche. hm. aber ohne duschgel. aber trotzdem. hm.

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  7. mai

    wenn ich solche geschichten lese, strahle ich über alle vier backen. hach, was freue ich mich auf berlin. das lese ich es nicht nur sondern kanns auch hören…. 🙂

    tickets in der tasche.

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  8. sabbeljan

    dit haette ick ihnen och erklaeren koennen. ich freu mich schon auf die kommentare-entblaetterung in rosenkohl-feinde und rosenkohl-freunde – analog zu den jelben und jruenen blaettern.

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  9. bittersweet choc

    wieder was dazugelernt: jetzt weiss ich was broussel sprouts heisst. ich liebe das zeug. tiefgefroren von – keine ahnung, von wem. lecker. gib deiner amerikanischen nachbarin bitte einen lieben gruss von mir.

    wir sehen uns übrigens auch am silvesterabend 🙂

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  10. luckystrike

    REPLY:
    that makes three – ich freu mich auch. dich hab ich zum letzten mal vor ein paar jahren zum csd gesehen, choc…
    stimmt ja gar nicht, hab dich im sommer gesehen… good looking you were!

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