GAYGLAM #2 oder BACK TO BROADWAY oder NIX GUTES FÜR DIE UTES

bernadette

Ich beginne mit einem Geständnis: Ich besitze circa zwei Dutzend Barbra Streisand CDs. I suddenly feel as if I´ve taken all my clothes off. Zu meiner Verteidigung kann ich folgendes vorbringen: Mit Broadway Stars ist es wie mit Pornofilmen. Zunächst nimmt man, was man kriegen kann (angefangen mit den Unterwäscheseiten des Otto-Katalogs) und langsam entwickelt man ein Gespür dafür was einem gut tut (Falcon Videos, Endsiebziger des letzten Jahrhunderts). Heute erinnert mich der Gesang Barbra Streisands in Konsistenz und Aroma an einen flatschigen Austernpilz, der einem im Mund herumwabert. (Ich hasse Austernpilze). Im Fahrstuhl zur Hölle, wo Frauen immer menstruieren und Männer immer pupsen müssen, läuft „People who need People“ in Endlosschleife, nur unterbrochen von Opus´“Live is live“.
Seit ich mich von Frau Streisand verabschiedet habe, dachte ich eigentlich, mein Broadway Rezeptor sei jenseits von Judy Garland eingetrocknet, aber das war, bevor ich Bernadette Peters zu hören bekam – seit vier Tagen wandere ich auf einem Klangteppich aus Wolken. Bernadette kennt man hierzulande (wenn überhaupt) hauptsächlich als Filmschauspielerin. In den Staaten zählt sie neben Elaine Page und Patti Lupone zu den „Reigning Queens of Broadway“. Ihr erstes Engagement hatte Miss Peters dreijährig. 55 Jahre später (ja, schauen Sie sich das Foto ruhig noch einmal an, Ute Ohoven – denn genau so sieht ein fantastischer Facelift aus) ist das Broadway Baby die Königin – von Gipsy Rose bis Mama Rose – was für eine Rollenfachschleife!
Ich verliebte mich Ende der 80er ein bisschen in die Dame, als ich sie in der Tama Janowitz-Verfilmung „Slaves of New York“ sah. Einige Jahre später erstand ich die DVD von Stephen Sondheims „Into the Woods“ und war endgültig geliefert. Da steht diese kleine Person und schmettert, dass man nur noch so schlottert und bebt. Man sieht – dies ist keine Sängerin, dies ist ein Mensch der singt und erfolgreich das Gefühl vermittelt, Emotion unmittelbar zum Ausdruck zu bringen. Wohlklingend, aber nie notenversessen. Die Illusion von Spontaneität, die Ausdruck größter Schauspielkunst ist und dies in einem Genre, in dem Menschen in Gefühlslagen in Gesang ausbrechen! Märchen für Grownups. Und man glaubt jede Note! Mach das mal nach Ute Lemper! Bernadettes Kunst ist organisch, wie bei Judy, wie bei Kate; ihr Ausdruck so eigen und intim wie bei Axl und bei Ingrid und bei Kurt. Seele die sich aufbäumt wie Tsunami; geschossen durch ein Prisma von ausdrucksstarker Persönlichkeit. Wenn Liza und Madonna nur noch als Lizenznehmerin ihres alten Images auftreten – Miss Peters Kunst ist wahrhaft zeitlos. Wie Judy kann sie weitermachen udn weitermachen und ich hoffe, das wird sie tun.

In Deutschland war es bislang schwer, an Peters-CDs heran zu kommen, und erst vor ein paar Tagen entdeckte ich, dass der große Penner unter den Internet-Anbietern, ausgerechnet Itunes, endlich aufgestockt hat. Seitdem trage ich den Broadway im Herzen, lausche den bombastischen Orchestrierungen, der charmanten Auswahl bekannter und noch nicht gekannter Songs, denen Bernadette die Seele eintreibt, dass es rauscht. Bernadette, live in der Carnegie Hall mit „Sondheim etc.“. And now, for me everything´s coming up roses…

Und wer jetzt denkt – die Frau hat ja alles – Geld, Erfolg. Und dass Glam so über sie schreibt wie sonst nur über Kate, Marilyn und Tuva – zügelt euren Neid. Im vergangenen Jahr hat sie ihren Mann verloren. Tot. Und schön war der, und 20 Jahre jünger. Mein Beileid hat sie.

Am 1. Mai im Lincoln Center, da wär ich gern dabei!

24 Gedanken zu „GAYGLAM #2 oder BACK TO BROADWAY oder NIX GUTES FÜR DIE UTES

  1. frankburkhard

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    In der Tat bin ICH bin der einzige mir bekannte Homosexuelle, der alle 65 Alben der Streisand besitzt – und bin jetzt Mitte Dreißig, im Laufe der Jahre haben sich mir SEHR viele Homosexuelle vorgestellt, die alle nicht mal ansatzweise das Gesamtwerk besitzen.
    Tut auch gar nicht Not, wie der Glam so richtig bemerkt, kann man zumindest die späte Streisand nur noch mit fortgeschrittenem Ohrenkrebs hören, oder mit abgeschalteten Geschmackssensoren.
    Boah, wer hätte das gedacht, ich hab grade eine Gemeinsamkeit zwischen Barbra Streisand und Estherformalyknownasmadonna festgestellt!

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  2. glamourdick

    REPLY:
    @timan
    gaynor ist norwegisch für geht gar nicht.

    lucky fächelt sogar wände aus dem weg, so doll kann der fächeln. wir nennen ihn bei unseren schwulen proseccositzungen hinterrücks „den fächler“! zur strafe hat er mir dafür schon einmal in die handtasche gepinkelt, was ich erst merkte, als ich nach dem autoschlüssel suchte. und ich trug die handschuhe von marilyn aus der „diamonds are a girl´s best friend“-nummer!

    @frank
    ich wette den soundtrack von „funny lady“ hast du NICHT. so.
    und, ja unsere kultur hat heldinnenkrebs.

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  3. glamourdick

    REPLY:
    dazu müsste ich wissen, ob es die „guilty“ ist.

    sabbeljan – ich versteh die welt AUCH nicht. vielleicht stimmt mit der welt wirklich etwas nicht? mein blog ist so subkultig, dass es den etablierten kult natürlich schaudert. und den etablierten sub bestimmt auch.
    es ist furchtbar, wievielen menschen meine charmante persönlichkeit und meine einzigartige meinung entgeht, nur weil sie meine seite hier nicht kennen – aber ich kann nicht den ganzen tag blog-akquise machen. ich will niemandem hinterherlaufen, die sollen mir hinterher laufen.
    es wir mir erträglicher, wenn ich mir einrede, dass dieser blog ein ganz exquisiter club nur für special guests (blogroll and then some) ist. unkult muss draußen bleiben.

    aber wenn ich daran denke, was ich aus einem einzigen berlinale-abend im borchardt an material herausholen könnte… nur dass eichinger mich eben nicht mehr einlädt.

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  4. breezerbox

    ach, berlinale sucks. sie macht dieses jahr einen äußerst abgelutschten eindruck. da mitzumischen würde nur ihr talent verschwenden, herr dick. 🙂
    und was die aktive leserakquise betrifft, denke ich, dass dein stil, dein humor und deine themen zu wenig mainstream sind, als dass gleich jeder etwas damit anzufangen wüßte. es dauert eben, bis sich die humanoiden mit hirngrütze bei dir versammeln. das ist eine art natürliche auslese.

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  5. sabbeljan

    sind heteros, die zugeben eine barbara streisand cd zu besitzen so aehnlich wie schwule fussballfans?

    was anderes: warum sitzt ‚glam the glam‘ eigentlich nicht in der berlinale jury? muss ja auch nicht immer der teddy sein. oder wenigstens als aussenreporter eines mutigen kulturmagazins? ich versteh die welt nicht.

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  6. Au-lait

    der flatschige Austernpilz, der einem im Mund herumwabert, hat mir das breiteste Gutenmorgengrinsen seit gestern auf den Mund gezaubert. 🙂

    Und erst letztens diskutierte ich mit einem Insider erfolglos eine Weile über das Phänomen, dass Barbara Streisand in bestimmten Bevölkerungs- und Interessengruppen viel angesagter ist als beim Rest. Faszinierend.

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  7. skailight

    muss ja gestehen : bei mir ist die peters im cd-regal zwischen frau parton und pantoja,isabel (spanische drama-queen) etwas angestaubt , aber nach dieser lobeshymne durfte sie mich gleich wieder vokal beglücken …
    hab auch nur die sondheim-live-cd von ihr , werde mal beim nächsten usa-aufenthalt (washington,gutsortierter kleiner schwuler plattenladen) ein wenig bernadettenmaterial für dich aufstöbern !
    jetzt gehts erst mal nach ibiza (mal gucken was bebe und mürfila machen…)

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  8. leandernulleins

    was haben don johnson und james brolin gemeinsam ? … witz für eingeweihte . don kann singen ??? und brolin nicht ? oder gibt es da noch ein nicht aufgedecktes schwules geheimniss ? bitte um stellungnahme !!!!!

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