ICH BIN AUSGEWESEN. ICH HABE GESEHEN: HOSPITÄLER. ICH HABE EINEN MENSCHEN GESEHEN, WELCHER SCHWANKTE UND UMSANK*

Heute morgen in der Goslarschen Zeitung: im August nahm sich der Patient der Krebs-Station einer Goslarschen Klinik das Leben, nachdem er das qualvolle Sterben seines Zimmernachbarn über mehrere Tage hinweg miterlebt hatte und sich einen ähnlichen Ausgang ersparen wollte.
Muss man heutzutage noch unter Qualen sterben, wo es Schmerztherapien für´s Endstadium gibt?? Haben Kranke ein Anrecht auf Menschenwürde oder trägt man sich aus dem Grundgesetz aus, wenn man sich in eine Klinik begibt? Muss ich noch hinzufügen, dass die Klinik den selben Betreiber hat wie die, in der mein Vater gerade liegt? It´s not fucking Grey´s Anatomy…

*R.M. Rilke. Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

13 Gedanken zu „ICH BIN AUSGEWESEN. ICH HABE GESEHEN: HOSPITÄLER. ICH HABE EINEN MENSCHEN GESEHEN, WELCHER SCHWANKTE UND UMSANK*

  1. brittbee

    au weia. Und ich dachte, ich lese hier heute was vom schmucken John Kosmolla…

    Das ist aber wirklich hart. Wobei ich nicht sicher bin, inwieweit man das Krankenhaus bezichtigen kann. Es gibt Stadien einer Krebserkrankung, da lindert kein Mittel der Welt die Schmerzen mehr, egal in welcher Dosis. Was für eine schlimme Geschichte. Dann muß der mann zum eigenen Elend noch die Bürde eines anderen tragen. Da verkrampft es mir das Herz.

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  2. glamourdick

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    „wie aus john k.und glam d. beinahe ein traumpaar wurde“ fällt unter die rubrik (leider-)nicht-geschichten. tatsächlich möbelte der während meines harz-aufenthalts gerade im nachbardorf (fucking 4 kilometers…) ein haus auf, was ich leider erst gestern abend (der abend vor meiner abreise) erfuhr. ich war versucht, mich mit taschenlampen und käsebrot auf nachtwanderung zu begeben und das kaff zu durchforsten, um ihm dann rein zufällig über den weg zu laufen und ihn aufzufordern, mich doch bitte mitzunehmen, im bauhaus-lkw, ganz im sinne des protestantischen kirchentaghits des jahres 1976 „komm bau ein haus, das uns beschützt, pflanz einen baum, der schatten wirft“, wobei ich durchaus die baumaktion übernommen haben würde, inklusive betreuung des gepflanzten, obsternte, laubharken und ich würde sogar apfel und nusskuchen für die belegschaft backen, wenn er mir da ja-wort gebe und uns ein haus baue. doch so kam es nicht und so ist die leider-nicht-geschichte nur im kommentarbereich gelandet. nicht dass ich den kommentarbereich diskreditieren wollte. weit gefehlt.

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  3. spango

    man muss n i c h t mehr unter schmerzen sterben, wenn man einen gescheiten schmerztherapeuten hat. die sind leider in etwa so selten wie gute krankenhäuser.
    da muss man immer früh genug rabbatz machen. ist nach meiner erfahrung die einzige möglichkeit…

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  4. glamourdick

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    das schmerzmittel meines vaters wurde gestern nicht etwa ausgewechselt, weil er darum bat, sondern weil meine mutter und ich noch einmal darum baten. patienten sind irgendwie nur halbwesen in den augen von unterbelichteten, die nie eine chance auf machtposition bekommen hätten, wenn sie nicht in einen pflegeberuf gegangen wären. ich will jetzt krankenpfleger nicht generell beleidigen, aber was ich in den paar tagen erlebt habe (neben ein paar wenigen durchaus positiven erfahrungen – die krankengymnastin ist beispielsweise prima) ist einfach – krank.

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  5. _FrischLuft

    hab an meinem vater gelernt, dass es nicht darum geht, für zuschauende erträglich zu sterben, sondern mit WÜRDE. würde allerdings klingt schon von sich aus sehr konjunktiv…
    jede option braucht ihr forum. mein vater hatte wenig familie, aber viele schwestern, die nächtelang an seinem bett gesessen haben und mit mir und meiner mutter nach seinem ableben gemeinsam weinten. schmerz macht angst und angst tut weh…
    gegen angst gibt es leider wenig medikamente. und wenn, dann machen die doof. ich hab durch meinem vater einmal mehr die angst vorm tod verloren…
    aber darum geht es hier nicht.

    lieber glam: ich wünsche deinem vater, dir und deiner familie ein baldiges entkommen aus dieser situation, alles erdenklich gute und unterm strich auch die ein und die andere positive erinnerung an diesen abschnitt euer aller biografien.

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  6. glamourdick

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    i know darling. und dann stell dir den schmiedemeister vor, der von einer fettärschigen hauptschülerin behandelt wird wie ein kind. es geht ihm jetzt jeden tag besser. und ich schlage ihm vor, dass wir nach seiner genesung eine amboss-show in der klinik machen. damit die einen schimmer bekommen, dass patienten menschen mit meinung, wucht und wut sind.

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  7. glamourdick

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    und zur würde gehört auch der rückzug. ich WÜRDE nicht wollen, dass mir beim sterben zugeschaut WÜRDE. außer von denen mir nahestehenden. nicht nur, weil zuschauende sich vor horror das leben nehmen könnten. privacy – being conveived, being born, dying. intimsphäre. only for those closest.

    darling j., danke dir für die guten wünsche. mein dad ist hart im nehmen, auch wenn es die letzten tage nicht so aussah. da war ich schockiert, wieviel er von seinem überlebenswillen abgegeben hatte. ab morgen will er seine besucher im aufenthaltsraum empfangen. (gestern hatte er noch mühe, sich alleine im bett aufzusetzen.) ich hatte meinen vater nie fester im arm als gestern, wo er nicht alleine in eine sitzposition kam und ich ihm „unter die arme greifen musste“, um sich aufzusetzen. ich, klein-glam, meinem vater dem schmiedemeister. das ist ein moment, den wir beide nicht vergessen werden und für den wir beide stolz aufeinander bleiben werden. würdevoll.

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  8. spango

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    genauso wie es wirklich pflegekräfte gibt, die auf der intensivstation den patienten trotz aufbegehrens keine weiteren schmerzmittel geben wollen, weil sie denken, sie würden sie zu junkies machen, gibt es auch jene, die dem patienten mut machen und ihre ganze menschlichkeit in den job legen. und das ist jetzt kein hörensagen…
    trotzdem sind dumme menschen gerade in diesem bereich viel zu häufig und das ist erschreckend und macht ohnmächtig, wenn man als mensch oder mit einem lieben menschen beteiligt ist…, wünsche dir, dass es dein vater gut übersteht. das ist das wichtigste. und immer das personal anpöbeln. bitten kann man sich verkneifen…

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