Aus der Distanz betrachtet wirkt es krasser, als es sich damals anfühlte. Du stehst auf der Buchmesse, einer von vielen PR-Agenten, hast Dich hübsch gemacht, weil Du ja wieder im Glanz der Sonne unterwegs bist, und da sitzt er, der Sonnige, lacht und scherzt, beantwortet Interviewfragen und beeindruckt – gut macht er das -, trägt ein Kapitel aus dem Buch vor, auf dem sein Name steht, für das er jedoch nicht mehr geliefert hat als eine grobe Idee und das Du für ihn geschrieben hast, gut und gerne und nicht einmal schlecht bezahlt.
Das Dumme – sein Image ist nicht das eines Schriftstellers, von ihm ist das Publikum anderes gewohnt, vielleicht ist er Sportler oder Politiker, und trotz hohen Lobes seitens der Presse und großer Publizität im Boulevardbereich liegt das Buch wie Blei in den Regalen. Zwei weitere Versuche folgen. Auf den Parties der Messe wirst Du als PR-Agent begrüßt und natürlich als Autor erkannt, weil ja jeder weiß, dass Sportler und Politiker nicht schreiben können, zumindest nicht so gut wie Du. Die anderen Autoren, die Du triffst, und die mit schlechteren Büchern größeren Erfolg haben, haben immerhin ihren eigenen Namen auf dem Cover. Und so vergehen vier Jahre, in denen Du keine eigenen Projekte realisierst, weil Du zu beschäftigt bist, seine Interviews zu führen (die schriftlich eingerechten, auf die persönlichen Interviews bereitetst Du ihn nur vor) und seine Bücher zu verfassen. Du hast jetzt eine Geschichte als Ghostwriter von Flops. Selbst die Lektoren haben begriffen, dass die Bücher eine größere Chance gehabt hätte, wären sie unter Deinem Namen veröffentlicht worden und nicht dem des Sportlers/Politikers. Von nun an wird alles, was Du einreichst höchst kritisch betrachtet – noch einen Flop kann man gegenüber dem Verlagschef nicht rechtfertigen, selbst die Tatsache, dass Du unter eigenem Namen einen kleinen Klassiker verfasst hast, tritt in den Hintergrund. Es ist nicht einmal so, dass Du von vorne anfängst. Es ist schlimmer. Denn selbst in der Branche, die Dich bezahlt, bist Du eine Art Betrüger – ein Ghostwriter eben. Außerdem bist Du der wandelnde Beweis ihrer verfehlten Urteilsfähigkeit. Sie hätten es besser wissen müssen, eigentlich. Haben sie aber nicht.
Was bleibt – Designerkleidung der Jahre 2001 bis 2005, ein paar Taschen. Die Erinnerung an den einen oder anderen mal eben so zugesteckten 1000er Schein. Das Auto, das Du Dir von der Option auf die Filmrechte gekauft hast, das jetzt rostet. Und der Gespenster-Roman, den Du eines Tages unter Pseudonym veröffentlichen wirst.
Ein Gespensterroman? Warum nicht! Hoffentlich eine Gespenstersatire.
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satire wäre ja langweilig.
ist es nicht so, daß auch verlage unterscheiden können zwischen der qualität des produkts (vor allem beim ghostwriting, das ist wie seifenopern am fließband schreiben) und den qualitäten des machers?
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für ein ghostgewrittenes produkt war es ziemlich cool. und verlagen ist gar nichts positives zu unterstellen. schauen sie mal, WAS alles veröffentlicht wird. und wie die bücher aussehen. (im vergleich zum amerikanischen und britischen markt beispielsweise)
Ich bleibe dabei: eine Gepenstersatire. Das fände ich schön.
Ansonsten weiß ich aus eigener Erfahrung, es ist nie schön, wenn man für irgendetwas der „wandelnde Beweis“ ist. Aber es ist wie es ist.
Es gibt Dinge, die man ändern kann und andere nicht.
Aber ich liebe Don Quijotte – der konnte das auch nie einsehen und hat immer gewußt, für wen er kämpft.
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man kann sich ja heute kaum noch einem thema mit vollem ernst annähern und so wird mein kleiner feiner schauerroman nicht nur very very spooky, sondern auch sehr zynisch und an einigen stellen äußerst pornografisch sein.
aber wenn Sie geister-„satiren“ mögen, dann kann ich Ihnen die topper-romane von thorne smith empfehlen. ist ne weile her, dass ich sie gelesen habe, aber damals gefielen sie mir sehr gut.