DER SCHMÄH HALT

Normalerweise, wenn ich nach einer eitlen Googelei des eigenen Namens im Internet über einen von mir verfassten Text stolpere, den ich selbst dort nicht gepostet oder dem Seitenanbieter verkauft habe, doppelklicke ich auf meinem Desktop auf das Dokument RechnungX.doc (und zwei Wochen später in der Regeln auf Mahnung XXX.doc). Dann stelle ich den Betrag in Rechnung, den ich für den Text ursprünglich bekommen habe. Bei Qualitätsanbietern (oh well, heute morgen sind noch nicht so viele Worte unterwegs), die meinten, mich „zitieren“ zu dürfen, reicht das in der Regel. Sie zahlen.

Bei Blogtexten ist das etwas komplizierter. Ich schreibe unter einer CC-Lizenz, die das Zitat mit Hinweis auf den Autoren und seine Seite genehmigt. Dabei gehe ich davon aus, dass der Auszug meines Texts in einer Art und Weise wiedergegeben wird, die Rückschluss über den Gesamttext zulässt (und Lust auf mein Blog macht.)

Jetzt gibt es diverse Seiten, die, nicht wie ich diese Seite, kommerziell orientiert sind. Die sich von Lesern dafür bezahlen lassen, dass sie Texte veröffentlichen auf Basis eines Magazins. Keine Praxis, die man verurteilen müsste. Wenn die mich ungefragt und unhonoriert „zitieren“, dann fällt das in einen Grenzbereich. Manchmal freut es mich zunächst, wie kürzlich im Falle der Veröffentlichung meines „Rosa Strauch“ Texts auf Datum.at. Bis ich feststellte, dass die letzten 5 Zeilen abgesägt wurden. Nicht weiter schlimm, wenn man einen Link auf den Text legt, so dass das geneigte LeserIn ihn zu Ende lesen kann. Diese Mühe wurde aber nicht unternommen. Der Link führt auf meine Seite, von dort müsste man sich aber mit der Suchfunktion weiter helfen. Das ist ein kleines bisschen ärgerlich, als wenn man bei einem Abendkleid den Rock abschneidet, meinte Lucky, aber ich will nicht kleinlich sein.

Datum veröffentlicht im Netz und auch in Papier. Jetzt interessierte mich, ob mein Text wohl auch in Print erschienen sein, also dachte ich mir „rufste da mal an“. Ging nicht. Die einzige veröffentlichte Telefonnummer war die der Anzeigenleitung. Schrieb ich also eine freundliche, bis heute unbeantwortete Mail an die Redaktion. Nach 5 Tagen dachte ich mir „rufste doch mal die Anzeigenleitung an“. Die freundliche Dame konnte meine Frage zwar nicht beantworten, gab mir jedoch die Mobiltelefonnummer des Chefredakteurs. Mit der dringlichen Bitte „aber quäle den nicht!“. Was zunächst nicht meine primäre Absicht war. Lediglich Antwort auf eine Frage, und -im Falle der Print-Veröffentlichung- Bitte um ein paar Belegexemplare und eine Gagen-Nachverhandlung.

Ich erreichte die Mailbox, hinterließ eine freundliche Nachricht und warte noch heute auf Antwort. Ich finde, wenn ich schon Content für eine Publikation – sei es im Netz oder online – stifte, dann wäre eine Information vorab (z.B. in Form einer Anfrage), eine Klärung der Sachlage (Print oder nicht) doch durchaus nicht zu viel verlangt.

Nun scheint dieses nicht-Vorwarnen aber eine gebräuchliche Praxis in Österreich zu sein, wollte ich doch gestern abend einen Text auf dieser schönen Seite, die von einem Geschäftspartner der erwähnten Publikation gehostet wird, veröffentlichen. Ging nicht. Ich bekam den Warnhinweis, dass für dieses Blog keine Zahlung erfolgt sei. Hui, Schande, – es stimmte. Drei Monate waren schon wieder ins Land gegangen, unbemerkt fast, was noch hinzu kam. Flugs entrichtete ich den Knallgrauen meinen Obulus, so dass ich mich wieder den wundervollen Düsteren draußen im Volk zuwenden konnte. Aber würde nicht eine Email mit Hinweis auf den baldigen Ablauf der Blogmiete Sinn machen? Man fühlt sich dann nicht gleich so ganz kriminell, wenn man sein Blog betreiben möchte.

Sollte es unter meinen Lesern Weaner geben, gegebenenfalls Datum-Leser, dann wäre ich für die Info dankbar, ob mein Text in der aktuellen Printausgabe erschienen ist. Desweiteren setze ich voraus, dass mindestenshaltbar.net (die ja zu den Knallgrauen gehören) freundlich anfragt, bevor sie wieder ein Buch veröffentlichen (an dessen Umsatz die Autoren nicht beteiligt sind). In Print koste ich, auch wenn ich schon beim Großzügigsein ertappt worden bin. Aber darüber spricht man nicht. Mit Wienern.

13 Gedanken zu „DER SCHMÄH HALT

  1. brittbee

    sehr diskutierenswertes thema. ehrlich gesagt: das habe ich schon geahnt als mindestens haltbar anfing, so umtriebig zu werden. schön billig content absaugen. darum hab ich immer die finger von deren anfragen und einladungen gelassen. wenn ich noch hier bloggen würde, dies wäre der punkt an dem ich umzöge.

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  2. fragmente

    Ich habe mit mindestenshaltbar und Datum eigentlich ganz gute Erfahrungen gemacht. Ich wurde freundlich von Robert S. Scharfenberg bzw. Kristina Mittendorfer angemailt. Honorar gabs keines, aber ein Belegexemplar von Datum.
    Vielleicht ist es doch eine Frage der Organisation und persönlichen Arbeitsweise?
    Danke für den Link, @sopran.

    Ich finde es übrigens richtig, lieber Glam, daß du auf den Putz haust.

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  3. glamourdick

    REPLY:
    höchst interessanter thread, jetzt sogar abgesehen von der vorgeführten stutenbissigkeit mancher blogger.

    die agbs von twoday sind ja wirklich übelst ich flüchte mich jetzt mal in die hoffnung, dass die cc-lizenz eine aufhebung des „wir dürfen dich zitieren und zensieren wann wo und wie wir wollen“-paragraphen darstellt. trotzdem ist mir hochgradin unangenehm bei dem gedanken an eine firma, die solche paragraphen in ihre agbs nimmt. (und – ja – ich bin ein dummer idiot, nicht auch das kleingedruckte gelesen zu haben.)

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  4. glamourdick

    REPLY:
    ach, so richtig hauen tu ich nicht. ich kratz nur ein bisschen am lack.
    😉

    aber schon bezeichnend, dass sowohl sporan als auch tithania und jetzt ich gegen eine mauer des schweigens sprechen. (und don d. rechne ich ausdrücklich nicht dazu.) arbeitet man so in austria? oder ist der chefredakteur in allen drei fällen in verdientem urlaub gewesen?

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  5. Casino

    REPLY:
    Was für ein bildschöner Thread hier! A pleaasure. Verehrter Herr Glam, würden Sie mir Ihre Mailanschrift zukommen lassen? Ich hab nur ne alte. Wollte auch mal stutenbissig werden.

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  6. sopran

    Entspricht meiner Erfahrung. Ich war seinerzeit (für die Ausgabe Februar 2007) sogar gefragt worden und hatte zugestimmt unter der Auflage, dass ich drei Belegexemplare erhalte. Trotz mehrfacher Nachfrage (zuletzt letzte Woche) habe ich keine Antwort erhalten, ob mein Text ins Blatt gekommen ist. Geschweige denn Belege. Unverschämt, scheint aber der Praxis zu entsprechen! Bin mit meinem Blog auf eigenen Webspace umgezogen und lasse twoday auslaufen. Sie halten uns offenbar für so bedürftig, dass wir uns auch noch bedanken sollen, wenn sie mit unseren Blogtexten für lau ihre kleinen Aushängeschildchen bedienen (Datum, mindestenshaltbar).

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  7. luckystrike

    Aber ist da nicht Don Dahlmann als Scheffredakteur von MindestensHaltbar zuständig? Ich meine, irgendwer muß denen ja die Erlaubnis der Nutzung gegeben haben, und ich dächte, der müßte bei sowas doch sensibel sein, bei dem, was er immer so schreibt?

    Es kann ja wohl nicht deine Aufgabe sein, das Netz zu durchforsten, ob irgendjemand deine Texte nutzt, sondern die Aufgabe derer, denen du sie in erster Linie anvertraut hast, die müßten doch anfragen ob überhaupt, und wenn, unter welchen Bedingungen?

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  8. glamourdick

    REPLY:
    ich würde wechseln, wenn ich nicht zu faul wäre, 1000something tage hier als pdf zu speichern. und finde wordpress so schrecklich. jetzt hab ich erstmal drei monate verlängert.

    im grunde wäre es doch das mindeste, dass man von den knallgrauen sein blog geschenkt bekommt, wenn man kontinuierlich gratis stoff für mindestens haltbar liefert.

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  9. glamourdick

    REPLY:
    es ehrt mich ja, dass ich unter „best of blogging“ veröffentlicht werde und don d. mich dafür vorgeschlagen hat, aber er konnte mir auch nicht beantworten, ob sie mich auch in der printausgabe veröffentlicht haben. es ist nicht ganz einfach, dort jemanden ans telefon zu kriegen.

    was veröffentlichung bei datum angeht, so wurde uns (also den regelmäßigen mindesthaltbar-autoren) vor einiger zeit in aussicht gestellt, dass es in bälde wohl eine vergütung dafür geben könne, ganz eventuell. deshalb dachte ich, frag ich mal nach. wo doch das geld durchaus nicht mehr auf der straße liegt, wo es vermutlich von menschen aufgehoben wurde, die früher aus dem haus waren.

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  10. sopran

    REPLY:
    Ich habe einfach alles mitgenommen in mein neues WordPress-Blog, war gar nicht so schwierig. Ich habe ein Wochenende lang gestrickt, dafür weiß ich jetzt, woraus der neue Pullover besteht (Merinosopran), und dass alle fallengelassenen Maschen von mir selber zu verantworten sind. Ein schönes Gefühl. Die Adresse „sopran.de“ hätte allerdings 3500 Euro gekostet.

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