TRUCE or DARE

Ehe mich im Olympiastadion noch einmal in den Block T, geschweige denn einen dahinter liegenden zu setzen, würde ich auf den Besuch eines Konzerts dort gänzlich verzichten. So ist auch das Böseste, was ich über Madonnas gestrigen Auftritt sagen kann, dass die Videoleinwände zu klein waren. So, als betrachte man ein Konzert auf einem Handy-Display, das man mit ausgestrecktem Arm von sich hält. Abgesehen davon, dass das Treiben auf der Bühne einem bunten Ameisenhaufen glich und selbst auf den Leinwänden für jemanden mit nahezu 20/20 Vision zum Augenzusammenkneifen-was-Falten-verursacht führt, kam dann noch die Sache mit der Zeitverzögerung Bild/Ton hinzu. Das Bild war schneller da als der Ton nach hinten drang und so war das Geschehen auf den Leinwänden mit der Musik asynchron. In einem Raum mit 50.000 Menschen (den ich früher sowieso niemals betreten hätte), wäre meine Reaktion normalerweise gewesen, aufzustehen und nach Hause zu fahren. Stattdessen schnappte ich mir Herrn Strike, wir verließen unsere Plätze und begaben uns in den Innenraum. Big step. Big difference. HUGE. Den plötzlich waren wir da. Mittendrin in einem Ereignis. In einem Wummern und Wabern, wir wippten und hüpften und sangen. WIR, die wir Madonna schon vor Jahren abgeschrieben hatten. Und da steht die Alte, schnippst mit den Fingern und wir tanzen, wir jubeln, wir grinsen und lachen, sie hat uns in der Hand. Auch wenn so mancher Ton schief sitzt, das ist scheißegal – hier arbeitet eine Ikone, ob einem das nun gefällt oder nicht, da steht die regierende Königin der Populärmusik und alle Kylies Klone und Konsorten können einpacken. Für 2 Stunden vergesse ich Kaballah, Guy Ritchie und die verzogenen Gören und genieße einfach eine perfekte Bühnenshow nach Judy Garlands strengen Richtlinien in höchster Potenz. Und erst auf dem Weg hinaus merke ich, warum das alles so gut funktioniert hat – Britney hat die Macke Skandale, Kylie den Krebs die Sympathien. Aber Madonna hat die Lieder. Und auf der Bühne eine Größe, die geradezu beängstigend ist.

So. Und jetzt mach schnellstmöglich irgendwas Beknacktes, damit ich wieder böse über Dich schreiben darf.

9 Gedanken zu „TRUCE or DARE

  1. glamourdick

    REPLY:
    mir gefiel die abwechslung. die confessions-tour war so streamgelinet und dass hier alles etwas zu bunt oder zu ornamentiert war, fand ich knorke.

    die restaurant-geiger-einlage brauchte sie möglicherweise für eine kleine verschnaufspause. stach wirklich etwas heraus.

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  2. brittbee

    ich fühlte mich an „ein kessel buntes“ erinnert. mir war das programm zu wenig gradlinig. bei der folklorenummer dachte ich mir das selbiges besser in der wilmersdorfer straße zu finden sei. aber als ich mich dann in den innenraum wagte schwappte es auch über. technisch eine sehr enttäuschende show. hey, die frau ist ein weltstar! die wird ja wohl synchronizität zwischen leinwand und bühne hinkriegen können. überhaupt: leinwände! aber die frau hat charisma,da gibts keine diskussion.

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  3. frankburkhard

    Während ich mich da wegen meinem schmerzhaften rückenmarkskrebs so bewegungslos an meinem sessel festgehalten habe, 2 kilometer vom bühnenrand entfernt, definetly NOT bendy like Madonna, und die songauswahl bewundert habe, die inszenierung, die animationen und vorproduzierten videos, aus denen die bühne bestand, das neuarrangement von alten songs – la isla bonita als serbokroatischer Rummelplatz-Zigeuner-Walzer, that´s brill`! – am Schluß hab ich auch die Lightshow bewundert; und hab ich schon die irsinnigen videos erwähnt, die da produziert wurden, nur um hinter den Akrobaten auf der Bühne die Aufmerksamkeit ordentlich auf sich zu ziehen?, und hey, Borderline als wütender E-Gitarren-Kracher, Guy Ritchie anyone? hm? – jedenfalls saß ich da so, im Halbstundentakt ging mir eine Augenbraue nach oben und ich dachte so bei mir: bis jetzt hab ich noch nicht EIN mal irgendwas gefühlt, das ist ein fantastiliarden teuer prouziertes statisches Rauschen, aber verdammte scheiße, das bunteste Rauschen daß ich je gesehen habe.
    Respekt!

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