BERLIN ENCOUNTERS oder ist „EY COOLE SAU“ das Neue „NA MEENE SONNE“?

Die Sonne scheint grell, wie es sich für einen Märzvormittag gehört. Die Strecke, die ich über Kopfpflaster entlangrumpele, entspricht der Route zu meinem ehemaligen langjährigen Arbeitsplatz far far out in Neukoelln. Ich denke darüber nach, wie gut es war, dass der kleine Betrieb damals dann nach 61 umgezogen ist, wie mein Sozialleben davon profitiert hatte, dass ich nicht mehr in einem Fabrikgebäude arbeitete, in dem auf den anderen Stockwerken getischlert wurde oder wo man Mayonnaise minderer Qualität fabrizierte. Als ich an der Ampel vor der Pannierstraße anhalte überquert ein junger Mann, von der letzten oder vorletzten Nacht angespült, ziemlich verstrahlt die Straße. Er springt mir ins Auge, weil er einen besonders merkwürdigen Gang hat. Bedacht, konzentriert. Als ober denkt „Ich mache einen Schritt und dann den nächsten. Schritt, nächsten – so komm ich an. Schritt. Nächsten.“ Er setzt seine Chucks flächig auf, wie jemand, der in High Heels unterwegs ist oder in Plateaus. Trägt eine schmale Jeans, Kurze Jacke, ein Cap, das ihm die Augen schattiert. Ich sehe ihn im Profil, kenne ich den?, dann biege ich ab in die Pannierstraße und drehe mich um, um ihm hinterher zu schauen, sehe aber wieder nur ein schattiertes Profil. Eines der titellosen Stücke von Bomecs Electro-CD beginnt.

Ich kenne neben seiner Seite und seiner Email-Adresse nur ein verschwommenes Photo von ihm, deshalb weiß ich nicht ob er das war. Ich hätte rechts ranfahren sollen und ihn fragen „Ey coole Sau – bloggst Du?“ Wenn ja, dann hätt ich ihn nach Haus fahren können. Wenn nein, dann wär ich einfach wieder in meinen Wagen gestiegen und ein weiterer Hauptstadtbewohner hätte einen merkwürdigen Start in den Tag gehabt.

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