HEROES, Chapter 3

Lange nachdem der Regen eingesetzt hat, kommt auch P. in den Garten.
„So how was your day? Bad?“
„Yes,“ lächelt er, „bad“.
Er war durch einen Zufall bei der „Pierre und Gilles“ Ausstellungseröffnung. Zeigt ein Handyfoto der beiden und deren Autogramm auf einer Gitanes-Schachtel.
„So you mean – you´ve come to Berlin to see art and then meet two icons of photography and talk to them, get their autograph, and it´s still a bad day??!“
„Yes. I´d asked them to give a kiss on the box.“Und grinst.
D. übernimmt die Gesprächsführung und P. schaut ihn aus skeptischen Augen an. Der Typ ist ihm eindeutig zu tuntig, einerseits. Andererseits hat, was er sagt, Hand und Fuß, von einer amerikanischen Seite aus betrachtet.
Als ich erzähle, dass ich P. geraten habe, in Moskau ein Studium aufzunehmen ist er entsetzt.
„Moscow? Please, you got to be kidding me! The guy must come to New York!“ Und natürlich nicht erkennend, dass die jugendlichen Obdachlosen, über die er einen Film dreht, mit ähnlichen Vorstellungen nach New York gekommen sind. The pursuit of happiness, aber ohne Plan, zumindest aber mit der Muttersprache im Gepäck. Es ist dieser Grundglaube an die Erfüllung des Amerikanischen Traums, während er zeitgleich dessen Verurteilung zum Scheitern erkennt, die ihn mir sympathisch macht. Die beiden verteidigen ihre unterschiedlichen Standpunkte, aber auf eine Art, die Spaß macht. Sie zeigen Einblicke in ihre Lebens- und Erlebniswelt, es fliegen Funken, aber es kommt zu keiner Explosion.
„Es ist so wild – schau Dir die beiden an, unterschiedlicher geht nicht, aber ich finde die beide hochsympathisch auf ihre Art.“ sage ich dem Herrn Strike, der ebenfalls vergnügt die Unterhaltung verfolgt, die nach diversen Bieren immer ausgelassener wird. Irgendwann, habe ich den Eindruck, versteht jeder am Tisch emotional, warum er jeden anderen an diesem Tisch mag.

Als ich die Kinder in die Nacht verabschiede, bzw ins Schwuz, das ihnen gefallen könnte, ist D. schon die halbe Straße hinuter gehüpft, in einer geliehenen, zu großen Regenjacke, die irgendwie an „ein Männlein steht im Walde“ erinnert, und P. hält sich noch an meiner Hand fest, mit einem Lächeln um den Mund und mit Erwartungsfurcht in den Augen.
„Get your ass over here, Kaliningrad,“ ruft D., „I wanna see the cute guys dancing to stupid music!“ Kommt zurückgelaufen, schnappt sich den P. und zieht ihn mit sich, bis ein Taxi die beiden aufnimmt und an Orte bringt, wo neue Abenteuer auf sie warten.

Und als er am nächsten Morgen in der Tür steht, nachdem er mich aus dem Bett geklingelt hat, frage ich ihn
„Now, was it bad again?“
„No. Not at all.“ Und dann lacht er. „But your hair looks funny.“

8 Gedanken zu „HEROES, Chapter 3

  1. luckystrike

    Ui, und den letzten Satz hat er überlebt oder muß er jetzt mit einem blauen Auge nach Kaliningrad zurück?

    „Erwartungsfurcht in den Augen“, was eine schöne Schöpfung!

    Antworten

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