PARALLEL, UNIVERSEN

Arbeite mich also durch das quietschbunte Manuskript, die wievielte Überarbeitung? Nummer 6 oder 7? Und anstatt mich zu langweilen, freu ich mich an der Story, nach all den Jahren. Am Vormittag habe ich noch an der Fortsetzung geschrieben und jetzt, im ersten Band, lernen die sich kennen, die sich am Anfang der Fortsetzung trennen. Alles an einem Tag, das nimmt mich mit. Und dann, vor einer halben Stunde, bin ich so 40 Seiten vorm Ende, mitten im Finale, und werde ganz sentimental, und es fliegt ihnen alles um die Ohren und da öffnet sich das Portal, und ich blättere um und vor mir eine Seite, ganz in schwarz. Ich stutze. In redigierten Manuskripten gibt es keine Seiten ohne rot, in meinen jedenfalls nicht, allein schon wegen meiner sehr individuellen Kommasetzung. Und dann fällt mir ein, dass sie ja geschrieben hat – redigiert bis Seite 280 oder so. Und jetzt bin ich meines Höhepunkts beraubt, ich hatte mich darauf gefreut, heute mit dem Redigieren (zumindest auf dem Papier – das ganze muss ich auch noch ins Dokument tippen) fertig zu werden. Argh.

Apropos Höhepunkt. Die Sex-Szenen habe ich diagonal gelesen, weil es mir so indiskret vorkam, den beiden beim Sex zu zu schauen. Das wäre, wie Freunden beim Sex zu zu schauen. Macht man ja auch nicht. Außer manchmal. Herr Strike kann Ihnen ein Lied davon blasen, hat er aber bestimmt schon. Macht er ja gern. War aber auch ein stranger Morgen mit dem Kubaner im Whirlpool. Aber ich bin nicht sauer. Ist ja auch ein Credit, irgendwie. Seitdem ist amtlich, dass ich früh morgens null gag reflex habe.

Ich bin so erleichtert, die Geschichte weiter erzählen zu können, ich würde emotional abschmieren***, wenn es das jetzt gewesen wäre. Das ist wie ein Baby, das jetzt alt genug für die Einschulung ist und ich habe keine Ahnung, wie es in der Schule klarkommt. All die Jahre Arbeit und die damit verbundene explosive Gefühlsmischung – dass das irgendwann mal von Lesern bewertet werden wird, kaum vorstellbar. Wehe, ihr prügelt mein Kind in der Pause!

Dann wieder die Heidi-These auf das Buch angewandt, wer bin ich denn eigentlich am meisten? Gestern Abend war mir irgendwann sehr Steerpike. Aber meine Mischung aus Selbstgerechtigkeit und Selbstungerechtigkeit, das ist schon sehr Mrs. Slasher. Vielleicht setze ich eine flaschengrüne Lederjacke auf meine Amazon-Wishlist.

Höre Helden und bin so post partum, dass Sie mich besser nicht anschnipsen. So fucking exhausted. Narzißtisch schizoid werde in von dem Buch zusammengehalten, aber gilt ja auch umgekehrt.

*

Ganz stolz zeigen meine Eltern ihren Gästen die Doppelseite mit der Buchankündigung inklusive Rockstar-Photo mit schwarzem Lidschatten. They´ve come a long long way.

*

„Was unter Schmerzen geboren wird
Muss unter Schmerzen verloren gehen
Es gibt nichts was wir tun könnten
Es gibt nichts was wir tun könnten
Es gibt nichts was wir tun könnten
Außer uns auszuruhen. „

(Helden)

*** Actually schmiere ich emotional ab, aber es ist nicht die Finsternis, die es sein könnte und in erster Linie auf Erschöpfung zurück zu führen. Wenig geschlafen, und das nicht gut.

6 Gedanken zu „PARALLEL, UNIVERSEN

  1. glamourdick

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    ich liebe meine eltern auch. (eigentlich wollte ich in obigem text noch zum vergleich die szene einfügen, wie meine mutter mit verzerrtem gesicht „NEIN NEIN !! NEIN!!!!“ ausstoßend die treppen zu meiner ersten berliner wohnung rückwärts hinablief, als sie ihren sohn zum ersten mal blondiert sah, aber das schien mir gemein, aber jetzt hab ich´s doch geschrieben, aber ist ja nur ein kommentar, lesen eh nur die ganz eingeschworenen, und mittlerweile zeigt sie mein glamrock-photo voller stolz, so. ich sehe durchaus hoffnung für Ihre eltern, auch wenn das momentan unvorstellbar scheint.)

    und seien Sie sparsam mit Ihrer liebe, Sie haben ja schon einen blogger. meiner ist ja von der insel wieder aufs festland.

    (und nein, seien Sie nicht sparsam mit der liebe, je mehr man gibt, desto mehr wird´s. meinte rilke. und der lag selten falsch.)

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  2. TheHeartcore

    REPLY:
    Habe mich geoutet. Eltern glauben, dass man Homosexualität heilen kann. Sagen, weil ich keinen Analverkehr hatte, bedeutet das, dass ich nicht schwul bin. Sagen, würde mir eine Frau die selbe Wärme geben, wäre ich auch in sie verliebt. Sagen, meine Liebe zu ihm wäre nicht real, und dass er mich außerdem nur benutzt. Sagen, ich sei falsch.

    Vater sagt, er wird uns — mich und ihn — töten, falls er versuchen sollte, mich aus diesem Haus zu retten.

    Notfallplan wird entwickelt. Ich muss verschwinden.

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  3. glamourdick

    REPLY:
    oh boy. tough. aber immerhin leben Sie noch, ich hätte Ihrem vater ein sofortiges ausrasten zugetraut. wenn Sie unterstützung in irgend einer form brauchen – melden Sie sich – hoch21 hat meine email. (und ich kann Euch beide ne weile unterbringen, falls erforderlich.)

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