Gestern das zweite Mal innerhalb von zwei Tagen „L´Enfer d´Henri-Georges Clouzot“ angeschaut. Simply mind-blowing. „L´Enfer“ – ein Film, der nie vollendet wurde, was mit Wahnsinn, Akribie, Ignoranz, Vision, Mut und Krankheit zu tun hatte, wobei die Krankheit (Herzinfarkt im Falles des Regisseurs, Depression im Falle des männlichen Hauptdarstellers) auf die zuvor erwähnten Faktoren zurück zu führen zu sein scheint. Ein Regisseur, der auf Grund seines damaligen Erfolges von der amerikanische Columbia ein unbegrenztes Budget (!) zur Verfügung gestellt bekommt, daraufhin wochenlang probt und experimentiert, denn sein Ziel ist es, einen Film zu drehen, dessen Bilder alles auf den Kopf stellen, was Film-Sehgewohnheiten angeht. Die Haupthandlung spielt an einem See, bzw an einer Talsperre, die noch während der Drehzeit geleert werden wird, die Zeit rinnt weg wie bald das Wasser, und doch dreht er die ihm wichtigen Szenen immer und immer wieder, während ihm der Hauptdarsteller längst abgesprungen ist, anstatt die Zeit zu nutzen, die erforderlichen See-Sequenzen abzudrehen. Von drei Dreh-Teams, die er betreuen müsste, um fertig zu werden, bleibt er immer beim ersten hängen, weil er so pedantisch ist und niemandem zutraut, ohne seine Anweisung vernünftig zu arbeiten – die anderen Teams sitzen nutzlos an den Sets. Die Atmosphäre ist von Panik, Wut und Verzweiflung geprägt. Als der Herzinfarkt kommt, (den er überlebt), denken alle – das hat ja so kommen müssen.
Die Handlung des Films – 40jähriger unansehnlicher Mann, frisch verheiratet mit der 24jährigen Romy Schneider. In ihren Flitterwochen entwickelt und verstärkt sich seine Eifersucht bis zum Wahnsinn. Gähn. Geht´s noch französischer? Und dann sieht man diese Filmbilder, die in der Doku sehr emotional und vermutlich nahe am gewünschten Original montiert sind, erlebt eine Wucht von Vision, Revolution, die einzigartig ist. Der erste Autorenfilmer, der genau das Gegenteil der Nouvelle Vague präsentiert: durchkomponiert bis ins feinste Detail, nichts dem Zufall überlassen. Und darüber hinaus eben Farbbilder von unglaublicher Schönheit. Schattenspiele, wie sie noch niemand vor ihm gezeigt hat. Eine Art und Weise, das Medium Film zu verwenden wie es sie vorher und nachher nie gab. Eine Vision. It´s so fucking Glam. Ein Schatz, ein Film als trojanisches Pferd. Ich möchte sehr gerne die restlich 15 Stunden Filmmaterial studieren. Und kann die Dokumentation „Die Hölle von Henri-Georges Clouzot“ von Serge Bromberg nur jedem dringend empfehlen, der einen Sinn für Drama und Ästhetik hat.
Wenn ich diese Bilder sehe, frage ich mich, was wohl dabei herausgekommen wäre, wenn Clouzot auf Monroe getroffen wäre…
Und, nein, dies ist nicht der unansehnliche Mittvierziger, dies ist der Anlass für dessen Eifersucht. (Warum hat sie nicht gleich den gewählt? Ich hätte.)