WARSCHAU, BERLIN (Who needs Paris, Texas?)

Jetzt ist es schon halb 11, was für mich schon unter die Rubrik „verschlafen“ fällt, und das kam so.

Nach dem Office schnurstracks in den Trendkiez gefahren, die Lieblingskollegin geholt, die den Namen Lieblingskollegin eigentlich nur noch trägt, damit der Leserin weiß, von wem ich rede, eigentlich ist sie ja mehr als Kollegin, mehr so ein Lieblingsmenschin. Nennen wir sie die N. Die N trägt ein rotes Kleid, das ihr sehr gut steht, dazu noch weitere Dekogegenstände in rot, ich trage meine LieblingskurzeHose und Burgunder mit Shiva-Lushy. Wir marschieren die Trendstraße runter und wollen eigentlich vor dem Silver Future ein Bier oder einen Wein zischen, aber da sind wir nicht die einzigen, also ziehen wir etwas weiter in einen Weinladen, der neuerdings auch sowas wie ein Wein-Café ist und übrigens in 0,2 ausschenkt, trotz Trendkiez. Man muss etwas warten, bis man drankommt, denn die beiden Jungs beraten tiefschürfend gut und müssen immer mal wieder zum Geldwechseln nach nebenan. Normalerweise mach mich sowas wahnsinnig, aber in diesem Fall ist es einfach nur süß, weil so ernsthaft. Man merkt – das sind eben Weinhändler und nicht Gastronomen, und das ist doch okay. Ich bekomme schließlich einen deutschen Pinot/Silvaner, der alles hat, was ich an einem Weißwein liebe: Kraft, Harmonie, Wärme, Stachelbeernoten, das ganze eiskalt und himmlisch. Am Vortag hatte ich meine Medikamente vergessen und so reichen zwei Gläser und ich bin gechillt und etwas chemisch und in der besten Verfassung für Devendra.
Als wir im Huxley´s ankommen spielt noch die Vor-Band, in diesem Fall ein Vor-Sänger, ganz nett, aber auch so, dass man noch gut eine rauchen gehen kann und sich die anderen Devendra-Fans anschauen. Die sind, anders, als bei den meisten Konzerten, die ich besuche, ganz reizend und hübsch und sehr hetero. (Ich bin immer schockiert, wer alles zu Rufus geht. Hier, bei Devendra, nur angenehme Überraschungen.) Als wir nach dem Rauchen wieder durch die Kontrolle gehen, leuchtet der Sicherheitsmann in meine Tasche und sagt „Die hab ich schon gesehen!“, und dann schau ich nach und sehe – ah der Penis von dem DVD Cover von Left-handed, der 70ies-Porno-DVD, die nach zwei Monaten Postweg endlich angekommen ist. Und dann steht auch schon der Schatz auf der Bühne, mittlerweile mehr Hipster als Hippie, aber das ist nur das Outfit, in dem der selbe Mann steht und singt. (Und wieder der Technik gestikulieren muss, dass der Soundcheck offenbar eine Failure war, aber mit den Gesten kriegen sie´s hin und man versteht dann doch, was der zarte schwarze Faun da singt. Die Menge schmiegt sich an und mit, die Musik fließt durch uns hindurch, und spätestens bei Carmensita sind alle mehr oder weniger am Tanzen. Das mit dem Tanzen hört auch nach dem Konzert nicht auf. Eine Gruppe von ca 50 Devendra-Devotees hat sich vor der Neuen Welt festgesetzt, eine Boombox lärmt und man ist einmal mehr froh, in dieser Stadt zu wohnen, und nicht, beispielsweise in Peine. Jetzt ist es draußen noch warm, verbunden aber mit einer angenehmen Abendfrische und wir haben die Frost gefunden, und da gibt es einen Laden knapp jenseits aller Trendstraßenläden, an dem ich schon xmal vorbei gefahren bin und jedes mal dachte – skurrill – da musste aber wirklich mal hin. Das Café Warschau auf den Sonnenallee. Genau der Ort, einen solchen musikalischen Abend ausklingen zulasse, bzw mittlerweile kann man wohl auch schon Nacht dazu sagen. Anders als im Trendkiez ist hier nicht so wahnsinnig viel los, aber die Leute, die da sind, sind goldrichtig, und geradezu platinrichtig ist die Gastro-Göttin, die uns bitte, die Flaschen nachher nicht mitzunehmen, ständig werden ihr die Pfandflaschen vom Tisch gestohlen und sie muss passen, wenn der Getränkehändler kommt. Anders als im Wein-Laden stehen hier ruckzuck Getränke auf dem Tisch, damit die Göttin schnell wieder zurück in die Bar kann, den Tatort von gestern anschauen. Im Fenster übrigens ein Jubiläums-Emblem „23 Jahre“, und Sie und ich wissen ja wohl, dass es sich bei der 23 um die Zahl des Wahren Gottes handelt. In Gemeinschaft zweier meiner absoluten Lieblingsfrauen fliegt die Zeit, und mit einem Mal ist es eine Zeit, zu der ich eigentlich längst im Bett liege. Aber der Körper ist durchdrungen mit blauzüngelnden Flammen der essentiellen universellen Harmonie.

Der Abend bleibt in Erinnerung wie der Pinot/Silvaner. GOLDEN. Und wenn ich Ihnen heute über den Weg laufe, dann zupfen Sie mal an der Brusttasche meines T-Shirts! (Hearts Nina!)

4 Gedanken zu „WARSCHAU, BERLIN (Who needs Paris, Texas?)

  1. lucky

    …und wie gut ich den Glämmie kenne, merkt man daran, daß ich genau wußte, welchen Schlüpper er gestern zum Devendra-Konzert trug. Aber war auch wirklich einfach.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert