MÄANDERTALER

Im Office ist es so ruhig, dass ich Zeit für die Korrekturfahnen habe. Eintreiben, Austreiben.

Eine halbe Stunde zu killen im Bergmannkiez. Erst mal ins „Otherland“, den Buchladen des Fantastischen (der Ashby House nicht führt, ts ts ts). The Accursed von Joyce Carol Oates (nach den vielen Oates-Flops der letzten Jahre der vermutlich letzte Versuch) und ein Ticket für die Lesung von Kollege Elbel. Immer noch 28 Minuten. Mir ist ein bisschen frisch, denn ich bin kurzhosig und ärmelig unterwegs. Da gab´s doch immer so seltsame Shops á la „Jeans-Markt“ o.ä., wo es bestimmt ein Hoodie für nen 20er gibt. Nee. Auch gentrifiziert hier. Aber da ist ein Surfer-Shop, die müssen ja wohl. Und hamse auch. Und in meiner absolut-z.Zt.-Lieblingsfarbe – Givenchy-Burgunder. Leider zum Preis, für den ich vor 15 Jaren Gucci-Hemden gekauft habe. Aber wann kommt es schon mal vor, dass ich den gewünschten Artikel in exakt der richtigen Farbe finde? Gekauft. Noch 20 Minuten. Auf eine Bank nahe Barcomi´s gesetzt und in die Oates reingelesen. Die offenbar auch keinen Einfluss auf ihre Buchcover hat – scheußlicher geht´s kaum (die britische Ausgabe). Das Vorwort schon mal ziemlich verschwurbelt, ach Menno, Flocke. Du schreibst zuviel und liest zu wenig. Lies mal Egan-Walter-Cash-Towles. Aber ich will nicht voreilig urteilen. Zumal ich gerade Joyland von Stephen King lese, das genau so schön ist wie die besten von King. „Die Welten die der kreiert, bevor es mit dem Horror losgeht – unvergleichlich!“, so Frau Casino gestern, und es trifft einmal mehr zu. Und auch wenn er ein Traditions-Autor ist, und ein ähnlicher Schreib-Freak wie JC Hafer, er macht das so gut, dass es eine Freude ist. Der Roman spielt auf einem Jahrmarkt, es geht um Carnies und einen liebeskranken Studi, das Böse/Fantastische hält ganz sensibel Einzug. Love it – und das Cover auch und besonders. Talking about atmosphärisch – der Gatsby-Soundtrack. Love Luhrmann.

Dann zurück ins „Otherland“, treffe Herrn Elbel und Gattin Chris und eine kleine Bühne ist aufgebaut, der unverschämt attraktive tättowierte Buchhändler ist auch da. Ich versuche durch Ablenkung in den Themen von der Anspannung abzulenken, die einen befällt, wenn man gleich auf eine Bühne muss, dann wird Thomas anmoderiert, erzählt ein bisschen von Elysion und liest. Pointiert und bildhaft, dass man drin ist in der Szene, ganz wunderbar. Auch bei ihm geht es um schreckliche Engel, aber wir kommen uns da nicht ins Gehege – bei ihm sind sie Figuren einer Dystopie. Wenn Du einen killst, dann kannst Du ihn zu Teer verarbeiten, einer lukrativen Droge in der Elysion-Dystopie.

In der Pause muss ich gehen, denn ich bin mit dem Raketenprinz zum Dinner verabredet. Auf dem Marheinekeplatz torkelt ein betrunkener Vampir auf mich zu, aber ein Schubser reicht und mit einem „Fupp“ schlägt er auf dem Kopfsteinpflaster auf. Rakete schließt gerade sein Rad ab, als ich beim Mexikaner eintreffe, der mittlerweile allerdings ein Café-something ist. Schade. Das war immer ein solider Mexikaner. Dann laufen wir durch 61, landen schließlich beim Inder am Mehringdamm, speisen und reden. Rakete und ich haben eines gemein – Projekte, die zwingend umgesetzt werden müssten, aber es fehlen die nötigen Collaborateure. Aber immerhin sind wir schon mal zu zweit. Und wenn wir uns weiter so inspirieren, dann kommen wir wohl auch nicht umhin, uns ein paar Aktivisten ins Boot zu zerren. Christopher, den ich heute mitsamt Ex-Roomie ins Gummiboot hole, wird vermutlich dabei sein.

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