VERSPIELT

Verspürte gestern den dringlichen Impuls, den beiden mal wieder fehlenden Kollegen den Unterschied zwischen „krank“ und „arbeitsunfähig“ zu erklären. Mit nem Kater kann man durchaus zur Arbeit kommen. Man pfeift sich ne Ibu rein, trinkt ne Cola und reißt sich zusammen. Für Schnupfen gibt es Taschentücher. Für Liebeskummer hat der liebe Gott Rauchpausen erfunden, in denen man sich mit einer emphathischen Kollegin darüber austauschen kann. Dass andere ihren Job mit erledigen müssen, dass ein Dauerstresstag an den Ressourcen der übrig Gebliebenen nagt und die Nerven aufreibt, dass Arbeit liegen bleibt und auf den nächsten Tag verlagert werden muss, an dem eigentlich schon genug zu tun ist, somit noch mehr Kollegen reingezogen werden – dass sie nicht angestellt sind, um NICHT zu arbeiten, oder nur dann zu arbeiten, wenn es ihnen – ungeachtet des Dienstplans – in den Kopf passt: man macht das drei oder vier Mal mit, beim 5. Mal ist man sauer. Vor dem 6. Mal stellt man sich schon darauf ein, dass die Person nicht erscheinen wird, beim 7. Mal sind die Sympathie-Reserven verbraucht. Die Arbeitswelt ist keine Waldorf-Schule.

Das zu spät Kommen, das „Darf ich heute ne Stunde früher gehen?“, das „Muss ich heute kommen oder kommt Ihr ohne mich aus?“, das „Oh? Ich hatte heute Schicht? Ich hatte doch XY gebeten, zu sagen, dass ich heute nicht kann!“ Das „Nein, ich kann nicht einspringen, ich bin verabredet.“ Fuck. You. Vielleicht doch noch mal die Jobauswahl überdenken und sich was suchen, was besser zu einem passt? Das, was mich am Meisten ärgert ist die Asozialität. Die sich insofern rächt, als dass diejenigen, die nun für zwei oder drei arbeiten müssen, irgendwann auch nicht mehr nur den Kopf schütteln, sondern einen Hass kriegen.

Während ich also so durch den Arbeitstag jagte, kam zwischendurch immer das Gefühl hoch „Shit – ich will wissen, wie es in dem Buch weitergeht!“, kurz gefolgt von „Oops. Das ist ja noch gar nicht geschrieben.“ Gutes Gefühl. Gutes Zeichen.

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