MENSCHEN AM SONNTAG, DIE RUND-UM-DEN-GÖRLI-EDITION

Diese Frühlingsspaziergänge von Glam Gardens nach Casa Lucky sind schon sehr urban. Alle jungen Menschen, die zu dieser Uhrzeit schon/ noch wach sind, sitzen weintraubenartig angeordnet vor den Cafés, von denen es gerade ausreichend gibt, um die jungen Menschen davor zu beherbergen. Sie alle sporten ihre neuen Sonnenbrillen – der letztjährige Trend zum bunten Plastikrahmen ist noch nicht abgelöst. Sie reden über die Uni, Drogen, ihre Beziehungen, Clubs, das Urheberrecht ist kein Thema. Aus Kreuzberger Imbiss-Besitzer-Mercedessen und Volvos werden transportable Grille aus den räumigen Kofferraumbereich gehievt, Tragetüten gefüllt mit zuckerrauschigen Limonaden auf dem Pflaster der Görlitzer Straße abgestellt. Nach Rasierwasser duftende Kurzhaarmänner organisieren das Fleisch. Im Görli sind die Hunde weniger geworden. Verpeilte blasse Studis mit Revolutionsgewändern sitzen ineinander verschränkt, aber ausschließlich heterosexuell. Das Ausmaß der Revolution wird Studentin Paula spätestens dann klar, wenn Student Laurent sie mit in seine Jungs-WG nimmt. Dort stehen die leeren Sterni-Flaschen zweireihig die Flurwand entlang, die Klobrille trägt lustige Sprenkel und es mufft, weil seit zwei Monaten die Waschmaschine kaputt ist und der Durchlauferhitzer das Erhitzen längst eingestellt hat. Was hier kaputt gegangen ist, wird es bleiben. Zurück im Park geht ein frischer Windzug mit einem Whiff Grillkohle durch die Second-Hand-Moden und stört den Geist eines verstorbenen Schwitzers auf. Man dreht seine Zigarette per Hand und ignoriert den südländischen Dealer, der einem das garantiert günstigste Gras offeriert.

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